Comments
Description
Transcript
CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS
CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS PAYS DE LANGUE ALLEMANDE Wiederum kann eine größere Zahl an neuen Texteditionen angezeigt werden ; begonnen sei mit kirchenrechtlichen Quellen : Ungewöhnlich in ihrer Art ist eine systematisch angelegte Kanonessammlung aus der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts, in welcher unter 21 Titeln in 351 kurzen Kapiteln, und zwar großenteils in Katechismusform, zahlreiche Gebiete des kirchlichen Rechtes darge stellt werden. Zu den behandelten Themen gehören : die Konzilien, Wahl und Weihe der Bischöfe, das Verhältnis von Bischof und Diözesanklerus, der Lebensunterhalt der Geist lichkeit, Sexualmoral und kultische Reinheit, die Weihegrade unterhalb des Priester amtes, die Ekklesiologie, kirchliche Feiertage, Sünde und Buße, das Eherecht sowie Wahrsagerei und Zauberei. Augenscheinlich handelt es sich um ein Nachschlagewerk für Priester. Diese Sammlung ist durch sieben Textzeugen überliefert, vollständig allerdings nur in Paris BNF ms. lat. 12444 aus St-Germain-des-Prés. Dies ist zugleich die älteste Handschrift : sie stammt aus dem Ende des 8. oder dem Anfang des 9. Jahrhunderts. Die Anlage der Sammlung selber liegt etwas weiter zurück ; die Sprachform erinnert noch an das merowingische Latein. Als (hauptsächliche) Quellen wurden ermittelt die ‘Collectio Hibemensis’, die ‘Statuta ecclesiae antiqua’ und die ‘Collectio vetus Gallica’. Vor kurzem ist nun in der Schule von Hubert Mordek (Freiburg im Breisgau) eine kriti sche Edition dieser umfangreichen Sammlung erarbeitet worden, begleitet von einer eingehenden Untersuchung : Michael S t a d e l m a i e r . Die Collectio Sangermanensis XXI titulorum. Eine systematische Kanonessammlung der frühen Karolingerzeit. Studien und Edition. (Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte, Studien und Texte 16). Frankfurt am Main: Lang, 2004. XXVIII, 372 Seiten. ISBN 3-631-52544-3. Unter den Editionen kirchenrechtlicher Quellen innerhalb der Monumenta Germaniae Histórica ist soeben eine Reihe abgeschlossen worden, deren Eröffnung auf eine Zeit zurückgeht, in der an dieser Stelle noch nicht systematisch über dergleichen Publi kationen berichtet wurde ; hier denn nun ein Hinweis auf das Ganze : Es geht um die sogenannten Capitula episcoporum, auch Bischofskapitularien genannt, welche seit der Zeit Karls des Großen bis ins 10. Jahrhundert hinein erlassen worden sind. Es handelt sich um Anweisungen teils an die Laien, vor allem jedoch an die Pfarrgeistlichkeit. Die Gesamtzahl der edierten Texte liegt bei 61, im engeren Sinne gehören 48 bzw. 52 dazu. Vielfach steht nur ein einziger Textzeuge zur Verfügung, und nur zu 18 Stücken sind uns die Namen der Urheber überliefert. Die größte Bedeutung hatte diese Textgattung im westfränkischen Reich in der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts, schwergewichtig in den Diözesen der Kirchenprovinzen Tours, Sens und Rouen bis etwa 870, später vermehrt in der Kirchenprovinz Reims. Im ostfränkischen Reich ist sie nur in der Anfangszeit vertreten, in Italien erst spät und nur vereinzelt. Der Anfang läßt sich bezeichnen mit Theodulf von Orleans (t821), dessen erstes Kapitular ungewöhnlich gut überliefert und breit rezipiert worden ist, der Schlußpunkt mit Bischof Atto von Vercelli (926-960). Inhaltlich geht es um Bestimmungen zu verschiedenen Aspekten des kirchlichen Lebens, 270 PETER STOTZ welche an Diözesankapiteln erlassen worden sind. Hiernach die bibliographischen Angaben: Capitula episcoporum. 4 Teile (Monumenta Germaniae Histórica [Leges:] Capitula episcoporum 1-4): 1. Teil. Herausgegeben von Peter B r o m m e r . Hannover: Hahn, 1984. XX, 286 Seiten. ISBN 3-7552-5140-5 / 2. Teil : Herausgegeben von Rudolf P o k o r n y und Martina S t r a t m a n n unter Mitwirkung von Wolf-Dieter R u n g e . Hannover : Hahn, 1995. XVI, 241 Seiten. ISBN 3-7752-5148-0 / 3. Teil : Herausgegeben von R’ P \ Hannover: Hahn,1995. XVIII, 379 Seiten. ISBN 3-7752-5460-9 / 4. Teil. Bearbeitet von R’ P’ unter Mitwirkung von Veronika L u k a s . Hannover: Hahn, 2005. VII, 251 Seiten. ISBN 3-7752-5461-7. — Der zuletzt erschienene Band enthält unter dem Titel «Die Textgattung capitula episcoporum» einen detaillierten Überblick über alle interessie renden Belange: Überlieferung, Abfassungzeitraum und Wirkungsregionen, Termino logie und Definitionsrahmen, Inhalte, Typologie, Publikation, Vorlagen, inhaltlich verwandte Quellengattungen, Entwicklungslinien der Quellengattung, Auslaufen und nachfolgende Quellengattungen sowie Rezeption. Dann folgen ergänzende Hinweise zu den Bänden 1 bis 3, zwei Exkurse sowie verschiedene Register, darunter ein umfangrei ches Wort- und Sachregister. In Handschrift 217 der Stiftsbibliothek St. Gallen findet sich ein Ensemble naturwis senschaftlich-medizinischer Texte aus dem Frühmittelalter. Sie sind anderswo, vielleicht in Oberitalien, geschaffen worden, sind jedoch früh ins Kloster St. Gallen gelangt. Dazu gehört der ‘Botanicus Sangallensis’, ein nur hier überliefertes Herbar, das den SimpliciaSammlungen zugehört. 62 Pflanzen werden darin beschrieben, und es werden Rezepte gegen vielerlei Beschwerden mitgeteilt, auch Magisches gehört dazu. 38 Pflanzenbe schreibungen gehen auf das Herbar des Pseudo-Apuleius aus dem 4. Jahrhundert zurück. Der Text wurde 1928 von Erhard L a n d g r a f ediert (MLW/NGML: B o t a n . Sangall.), doch sonst ist er im Wesentlichen unerforscht geblieben. Hier hat nun die Dissertation einer Schülerin des Berichterstatters Abhilfe geschaffen: Monica N i e d e r e r . Der St. Galler Botanicus. Ein frühmittelalterliches Herbar. Kritische Edition, Übersetzung und Kommentar. (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 38). Bern : Lang, 2005. 459 Seiten. ISBN 3-03910-195-1. — Der Text hat in stärkstem Maße vulgärlatei nisches Gepräge, so war die Herstellung eines sinnmäßig befriedigenden Wortlautes oft recht beschwerlich. Mit der Überlieferung mußte behutsam umgegangen werden, doch ohne Eingriffe ging es nicht ab. Nebst der Textkonstitution stellte sich immer wieder die Frage, was der Verfasser oder Redaktor gemeint haben mochte, denn augenscheinlich hat er seine Quellen immer wieder mißverstanden. Auch die Identifikation der gemeinten Pflanzen gestaltete sich oft mühsam; gewisse Zuordnungen mußten hypothetisch bleiben. Weiter waren die hier gebotenen Pflanzencharakterisierungen wie auch die Rezepturen mit der übrigen Rezept- und Antidotarienliteratur des frühen und hohen Mittelalters zu konfrontieren. Neben der kritischen Neuedition wird eine parallel laufende Übersetzung ins Deutsche geboten, zudem wird dieser intrikate Text nach text kritischen, quellenkritischen und interpretatorischen Gesichtspunkten durch einen einge henden Kommentar erschlossen. Dabei kommt nicht allein die botanische Literatur bis in die frühe Neuzeit in den Blick, sondern, was die sprachwissenschaftlichen Fragen betrifft, die mittelalterliche Latinität, soweit erschlossen, insgesamt. Besonders ergiebig war dabei das Zettelmaterial des MLW ; auch in gewissen formalen Belangen ist die Arbeit nach dessen lexikographischer Praxis ausgerichtet. Die Erschließung der Bücherverzeichnisse aus dem Mittelalter wurde in Deutschland mit dem Unternehmen ‘Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz’ (MBK) eine Zeitlang auf breiter Basis vorangetrieben. Während sich hier ein gewisser Stillstand eingestellt hat, sind weitere Verzeichnisse in monographischer Form bearbeitet worden, so vor einigen Jahren dasjenige von Fulda (s. ALMA 53, 1995, CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 271 S. 216f.). Gleiches gilt nun für das Kloster Lorsch an der Bergstraße : Angelika H ä s e . Mittelalterliche Bücherverzeichnisse aus Kloster Lorsch. Einleitung, Edition und Kommentar. (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 42). Wiesbaden : Harrassowitz, 2002. IX, 417 Seiten. Abb. ISBN 3-447-04490-X. — Wie in manchen ändern Klöstern wurden in Lorsch um die Mitte des 9. Jahrhunderts die Bücherbestände inventarisiert. Aus diesen Dezennien haben sich in zwei Handschriften der Palatina insgesamt vier, ihrem Inhalt nach weitgehend übereinstimmende Verzeichnisse gefunden (A bis D, C zweigeteilt in Ca und Cb). Hinzu kommt das Verzeichnis der Handbibliothek des Prie sters Heilrat aus dem späten 9. Jahrhundert (H). Im ersten Teil dieser umfangreichen Arbeit, einer Heidelberger Dissertation von 2000, werden diese Kataloge beschrieben und in engster Anlehnung an die Regeln des MBK ediert. Dabei wird paläographischkodikologisehen Einzelheiten große Aufmerksamkeit gewidmet. Der zweite Teil besteht aus einem Kommentar, worin für jeden einzelnen alten Band nach einem festen Schema das Nötige und Mögliche gesagt wird, u. a. geht es um die Zusammenführung der Einträge in den Verzeichnissen untereinander, um die Verknüpfung mit einer früheren, wenig hilfreichen Edition von Angelo M a i bzw. Gustav B e c k e r , um die Identifikation der Texte, den Nachweis des Drucks bei M i g n e und (möglichst) einer kritischen Edition, sodann die — oft nur tentative — Identifikation mit einer heute noch erhaltenen Hand schrift. Die Einträge werden fünf Gruppen zugeordnet : Bände für Sakristei und Kirche, Bibelhandschriften, historiographische Schriften, Kirchenväter — Augustin ist weitaus am stärksten vertreten —, sodann der ganze Rest: Dogmatisches und Kirchenrechtli ches, jüngere christliche Schriftsteller, antike Autoren, Briefsammlungen und Gramma tiken. Konkordanzen sorgen für die nötigen Verstrebungen, detaillierte Register helfen die Materialien erschließen. Über den ersten Bischof der Diözese Würzburg, den Angelsachsen Burchard, einen Schüler und Mitarbeiter des Bonifatius, weiß man nur wenig Gesichertes. Im Jahre 742 an die Spitze des neuerrichteten Bistums gestellt, hatte er sich vor allem mit missionari schen Aufgaben zu befassen ; als sein Todesjahr gilt 753. Geraume Zeit später, 986, wurden seine Gebeine erhoben und in ein Würzburger Kloster überführt, das von da an nach ihm hieß. Im Zusammenhang damit wurde, am ehesten im Zeitraum 960/970, eine knappe Vita (BHL 1483) verfaßt. Demselben Umkreis entstammt die Passio maior Kiliani; in 15 von 26 bekannten Handschriften der älteren Burchardsvita steht diese damit in Überlieferungsgemeinschaft. Als Verfasser hat man den Würzburger Domscholaster Stephan von Novara vermutet. Auf dieser Vita und vielen anderen Quellen beruht eine etwas jüngere, viel umfangreichere, in drei Bücher abgeteilte Gestaltung des Stoffes (BHL 1484). In ihrem Widmungsprolog wendet sich ein E. an einen P. ; dabei handelt es sich offensichtlich um Ekkehard von Aura und Pilgrim, Abt des Klosters St. Burkard von (spätestens) 1130 bis 1146. Zwischen diesem Text und Ekkehards Weltchronik lassen sich stilistische Gemeinsamkeiten feststellen. Der Text ist in drei Handschriften aus Würzburg und aus dem Zeitraum 1450/1588 und in einer Amorbacher Handschrift von 1448 erhalten. Auf Anregung des Michael de Leone, eines Würzburger Gelehrten, schuf ein Johannes von Lauterbach aus Erfurt 1350 auf der Grundlage der jüngeren Prosavita eine Versifikation in 465 zweisilbig gereimten Versus concatenati (BHL 1485) ; von ihm stammt außerdem eine Kiliansvita in Versform. Die Versvita Burchards ist in fünf Hand schriften vom 14. bis zum 17. Jahrhundert erhalten. Diese drei Viten sind soeben in kriti scher Edition vorgelegt worden : Die Lebensbeschreibungen Bischof Burchards von Würzburg : Vita antiquior - Vita posterior - Vita metrica. Hrsg. Desirée B a r l a v a . (MGH. Script, rer. germ. 76). Hannover : Hahn, 2005. VIII, 277 Seiten. ISBN 3-7752-5476-5. Die Arbeit ist hervorgegangen aus einer Bonner Dissertation von 2003/04, die unter der Leitung von Rudolf Schieffer stand. 272 PETER STOTZ In der Reihe ‘Reichenauer Texte und Bilder’ (zuletzt: ALMA 62, 2004, S. 234) erscheinen immer wieder gefällige, reich illustrierte Bändchen mit lateinischen Texten samt deutscher Übersetzung, die mit dem Kloster Reichenau in Bezug stehen. So neulich : Walter B e r s c h i n und Martin H e l l m a n n . Hermann der Lahme. Gelehrter und Dichter (1013-1054). (Reichenauer Texte und Bilder 11). Heidelberg: Mattes, 2004. 113 Seiten, Abb. ISBN 3-930978-67-9. — Darin sind fünf Beiträge vereinigt. Den Eingang (S. 6-13) bildet die ‘Vita Herimanni’, d. h. das, was Berthold von der Reichenau in seiner Chronik über Herimannus, qui et heros magnus zu sagen weiß. Der lateinische Text ist der neuen Ausgabe der Chronik von Ian S. R o b i n s o n ( s . ALMA 62, 2004, S. 236) entnommen; er ist von W. B. ins Deutsche übertragen. Sodann folgt eine biogra phische Studie von W. B. : «Hermann der Lahme: Leben und Werk in Übersicht» (S. 15-31). Der dritte Beitrag stammt von M. H. : «Der Rechenlehrer Herimannus. Mit Edition der Regulae, qualiter multiplicationes fiant in abaco ». Diese kurze Schrift wird zunächst eingehend erläutert und in der Folge nach fünf Handschriften kritisch ediert und ins Deutsche übersetzt (S. 33-71). Unter dem Titel «Hermann der Lahme als Sequenzendichter» (S. 73-105) bespricht W. B. die fünf Hermann beigelegten Sequenzen, wobei er sie je nach ihrem lateinischen Text und in einer deutschen Über setzung wiedergibt. Die bekannte ältere Edition, Analecta hymnica 50, S. 308-317, ist inzwischen ersetzt worden im Rahmen einer Dissertation aus Berschins Schule — und ihr sind hier die lateinischen Texte entnommen. Diese Arbeit ist seinerzeit wegen der Art ihrer Veröffentlichung kaum zur Kenntnis genommen worden (leider auch an dieser Stelle nicht) : Bettina K l e i n - I l b e c k . Antidotum vitae. Die Sequenzen Hermanns des Lahmen. 1998. III, 252 Seiten auf 4 Microfiches. Diss. Univ. Heidelberg 1992/93. Außerdem werden die beiden mit Hermanns Namen in Bezug gesetzten Marianischen Antiphonen, Salve, regina und Alma redemptoris mater, besprochen (ebenfalls mit Text druck und Übersetzung). Das Bändchen wird beschlossen durch eine Besprechung des einzigen mittelalterlichen Bildnisses Hermanns des Lahmen durch M. H. (S. 107-109). Vor kurzem erst durfte an dieser Stelle (ALMA 60, 2002, S. 264f.) eine sehr über lieferungsnahe Ausgabe der um 1060 geschaffenen ‘Expositio in Cantica canticorum’ Willirams von Ebersberg angezeigt werden. Während es dort im Wesentlichen um die diplomatisch getreue Wiedergabe der aus dem Kloster Ebersberg selber stammenden Handschrift München, Staatsbibliothek Cgm 10 geht, so wird mit folgender zweispra chiger Edition ein etwas anderes Ziel verfolgt: Williram von Ebersberg. Expositio in Cantica Canticorum und das ‘Commentarium in Cantica Canticorum’ Haimos von Auxerre. Herausgegeben und übersetzt von Henrike L ä h n e m a n n und Michael R u p p . Berlin: de Gruyter, 2004. XXXV, 290 Seiten. ISBN 3-11-017724-2. Ebenso wie in der etwas älteren Edition wird hier ein Text geboten, welcher die dreispaltige Seiteneintei lung Willirams getreu widerspiegelt: links die Nachdichtung in lateinischen Hexame tern, in der Mitte, in weit größerer Schrift, der biblische Grundtext, rechts die spätalt hochdeutsche Paraphrase samt den lateinischen Reservaten. Als Leithandschrift wird die verlorene, jedoch durch Photographien dokumentierte Handschrift Breslau, Universitäts bibliothek R 347 herangezogen. Dieser Text wird bei Bedarf nach der Ebersberger (Münchener) Handschrift korrigiert. Für die (in der Breslauer Handschrift großenteils fehlenden) Angaben der voces (das heißt : der biblischen Sprecherrollen) ist die Hand schrift Leiden, Universitätsbibliothek B.P.L. 130 beigezogen.) Nebst dem textkritischen und dem quellenkritischen Apparat — beide können recht kurz gefaßt sein — steht nun am Seitenfuß jeweils der entsprechende Abschnitt aus dem Bezugstext, nach welchem Williram gearbeitet hat, nämlich aus dem Hoheliedkommentar Haimos von Auxerre (nach der Ausgabe von Gottfried H i t t o r p , Köln 1529, nachgedruckt in PL 117, Sp. 295358). All dies ist jeweils der linken Seite zugewiesen, während auf der rechten Seite die CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 273 vier Textelemente, in genau entsprechender Druckanordnung, ins Deutsche übersetzt gegenüberstehen. In der 3., dem althochdeutschen Text vorbehaltenen Spalte ist nicht nur in der Edition, sondern auch in der Übersetzung, durch die Verteilung von Antiqua und Kursive, zwischen Deutsch und Latein genau unterschieden. Der modernen deut schen Wiedergabe ist große Sorgfalt gewidmet; in der Einleitung wird über die befolgten Grundsätze eingehend Rechenschaft abgelegt. Eine mit viel Überlegung erar beitete, höchst benutzerfreundliche Edition ! An der mittelalterlichen Weltchronistik fesselt uns vor allem die in ihr zutage tretende geistige Gesamtschau, interessiert die Art der historischen Darstellung und die Bewertung der Ereignisse. Hervorgegangen ist sie jedoch — das vergißt man vielleicht bisweilen — aus komputistisch-chronologischen Bemühungen. Zunächst, aber auch immer wieder neu, stellte sich das Problem, die verschiedenen Zyklen (Mondjahr, Sonnenjahr, 7-Tage-Woche) und Ären, die chronologischen Fixpunkte in der historia sacra und der Profangeschichte, miteinander in Einklang zu bringen. Ganz im Banne dieser Bemühungen steht das Werk ‘De decursu temporum’ Heimos von Bamberg (etwa 1080/90 bis 1139), eines Schülers des Chronisten Frutolf von Michelsberg. Heimo fühlt sich veranlaßt, die Zeitrechnung zu verbessern, nämlich die Weltschöpfungsära um 73 Jahre im Sinne einer Verlängerung zu korrigieren. Er tut dies in einer ausladenden, aus sieben Büchern bestehenden Untersuchung, welche eine Weltchronik eigener Art darstellt. Die ersten drei Bücher gelten der Zeit bis zur Passion Christi, das vierte und fünfte Buch der Zeit seither, somit der sexta aetas nach der hergebrachten Weltalter lehre ; in den Büchern VI und VII wird das zuvor Ausgeführte in tabellarischer Form nochmals dargestellt. Näherhin enthält Buch I eine grundlegende Untersuchung des zeit lichen Ablaufs zwischen Weltschöpfung und Passion, in Buch II werden die Ergebnisse aus Nachrichten der profanen Geschichtsschreiber bestätigt, während Buch III der Erklärung der Prophetie von den siebzig (Jahr-)Wochen (Dan. 9, 24-27) gewidmet ist. In Buch IV werden die anni Domini mit den Regierungsjahren der Herrscher verrechnet — eine Eigenheit Heimos ist, daß er die sexta aetas nicht mit der Geburt, sondern mit der Passion Christi beginnen läßt —, in Buch V werden die Pontifikatsjahre der Päpste damit koordiniert. Von Heimos Arbeit gibt es zwei Fassungen, die sich je in einer Münchener Handschrift erhalten haben : Die erste datiert vom Jahre 1135 und ist in einer aus Augs burg, aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts stammenden Handschrift (clm 2, Sigle A) enthalten. Eine zweite, überarbeitete und vermehrte Fassung, entstanden im Zeitraum 1135/38, ist in einer Tegemseer Handschrift aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts (clm 18769, T) überliefert. Soeben ist die kritische Erstedition dieses Werks erschienen, hervorgegangen aus einer Würzburger Dissertation von 1983/84 : Heimo von Bamberg. De decursu temporum. Herausgegeben von Hans Martin W e i k m a n n . (Monumenta Germaniae Histórica: Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters 19). Hannover : Hahn, 2004. VIII, 610 Seiten, 12 Abb. ISBN 3-7752-1019-9. Ediert sind darin die Bücher I bis V, während von den — großenteils aus Tabellen bestehenden — Büchern VI und VII nur die rahmenden Textpartien berücksichtigt sind. Der Hauptsache nach geht es, wie sich versteht, um die Endfassung, doch wird die kürzere Erstfassung auf der unteren Seitenhälfte mit ediert. Beigegeben ist eine in beiden Handschriften mit Heimos Chronik verbundene, verhältnismäßig kurze komputistische Schrift, die Heimo redigiert hat, für die er jedoch als Verfasser nicht feststeht. Vor kurzem ist, hervorgegangen aus einer Kölner Dissertation von 2000, eine auf breiter handschriftlicher Grundlage erarbeitete kritische Edition der metrischen ‘Vita beate Marie Egiptiace’ Hildeberts von Lavardin (BHL 5419) vorgelegt worden : Hilde berti Cenomanensis episcopi Vita beate Marie Egiptiace. Cura et studio Norbert Klaus L a r s e n . (Corpus christianorum, Continuado mediaevalis 209). Tumhout : Brepols, 2004. 274 PETER STOTZ 328 Seiten. ISBN 2-503-05099-9. — Nach den Untersuchungen des Bearbeiters lassen sich unter den gut 90 Textzeugen zwei Gruppen (a und b) bilden, einige entziehen sich einer Einordnung. Im Allgemeinen wird der etwas jüngeren und längeren Fassung b der Vorzug gegeben ; der so hergestellte Text umfaßt 904 Hexameter. Fünf Handschriften enthalten ungefähr für das letzte Drittel eine völlig andere Fassung (f), die hier als Anhang ediert wird (Vs. 638-994). Angesichts der herrschenden Kontamination hat sich der Herausgeber dazu entschlossen, keiner Leithandschrift zu folgen, sondern einen Mischtext herzustellen — zu « rekonstruieren », wie er zuversichtlich sagt. Die breite Überlieferung hat ungeschmälert in den Apparat Eingang gefunden. Im Text wurden die Schreibungen weitgehend normalisiert, bis hin zu mihi statt michi und nihil statt nichil — womit freilich die für jene Zeit normalen Formen durch weniger gebräuchliche ersetzt worden sind. Die mittelalterliche Visionsliteratur scheint unerschöpflich zu sein. In den Berichten der zurückliegenden Jahre konnten schon mehrfach Neuentdeckungen seitens eines der besten Kenner dieses Gebietes, Paul Gerhard Schmidt, gemeldet werden. Kürzlich hat er erneut einen Fund vorgelegt. Der kurze Text steht in mehreren Handschriften jeweils in Überlieferungsgemeinschaft mit den ‘Miracula’ des Petrus Venerabilis und beschreibt eine Vision, die einem klugen, vornehmen und reichen Ritter namens Walter, welcher in der Gegend von Nivelles und Brüssel ansässig war, zuteil wurde : Paul Gerhard S c h m i d t . Die Visio Walteri. In : Runica - Germanica - Mediaevalia, herausgegeben von Wilhelm H e i z m a n n und Astrid v a n N a h e (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 37), Berlin : Walter de Gruyter, 2003, S. 719-726. — Wie üblich, ist der lateinische Bericht nach den Angaben des Visionärs von einem Geistlichen niederge schrieben worden. Das Besondere an ihm ist, daß sich die Vision nicht unter dem Einfluß von Krankheit oder in einer sonstigen Grenzsituation einstellt, sondern daß der Visionär sie inmitten von wohligem Behagen, neben seiner Frau im warmen Bette liegend, empfängt. Die Vision wird bei ihm vorher sozusagen angemeldet, und der Ritter willigt, nach einer Bedenkzeit, in das Angebot ein. Die Vision gliedert sich in drei einzelne Jenseitsreisen ; zwischendurch besprengt ihn seine Frau jeweils mit Weih wasser. Das erste Mal besucht er den Ort der Strafe, das zweite Mal den Aufenthaltsort der geläuterten Seelen. Schließlich aber wird er einer Schändung von Heiligenreliquien ansichtig, und es geht um die bevorstehende Bestrafung der Schuldigen. Augenschein lich ist die damit verbundene Androhung einer Strafe, die der Visionär unter die Leute bringen soll, der eigentliche Skopus des Ganzen. Der Text wird hier ediert nach der Handschrift Paris, BNF lat. 14463. Aus dem jungen Zisterzienserorden gibt es eine Sammlung von Wunder- und — dies vor allem — Visionserzählungen, welche Schlaglichter auf den Alltag und das geistliche Leben der Ordensangehörigen werfen : den Liber miraculorum Herberts von Clairvaux. Herbert, der wohl aus Südfrankreich stammte, weilte im Zeitraum von 1153 bis 1168/69 als Mönch in Clairvaux und war dann bis 1178 Abt des Klosters Mores in der Cham pagne. Nach einem erneuten Aufenthalt in Clairvaux wurde er 1181 Erzbischof von Torres auf Sardinien, wo er spätestens 1198 starb. Die von ihm zusammengetragenen Berichte finden sich, vollständig oder in Auszügen, in dreißig bekannten Handschriften. Während eine Forschergruppe auf Sardinien den Komplex im Ganzen bearbeitet, ist neulich von anderer Seite ein Teilbereich gut aufgearbeitet worden, dies in Form der Edition und Kommentierung einer Sonderfassung, im Rahmen einer Habilitationsschrift der Universität Innsbruck : Gabriela K o m p a t s c h e r G u f l e r . Herbert von Clairvaux und sein Liber miraculorum. Die Kurzversion eines anonymen bayerischen Redaktors. Untersuchung, Edition und Kommentar. (Lateinische Sprache und Literatur des Mittel alters 39). Bern: Lang, 2005. 372 Seiten. ISBN 3-03910-480-2. — Innerhalb der CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 275 Gesamtüberlieferung, und von kürzeren Auszügen abgesehen, unterscheidet man zwischen der Langfassung (ed. P.-F. C h i f f l e t , Dijon 1660; PL 185, Sp. 1273-1384), vertreten durch 15 bekannte Handschriften, und einer Kurzfassung im Umfang von 81 Erzählungen, vertreten durch zwei Handschriften des 13. Jahrhunderts : München, clm 6914 (aus Fürstenfeld) und Handschrift 6 ARC des tirolischen Zisterzienserstifts Stams. Dieser Kurzfassung gilt die vorliegende Arbeit. Beigezogen wurde zusätzlich ein besonders wichtiger Textzeuge der Langfassung, nämlich die Handschrift München clm 2607 (aus Aldersbach), die dem Redaktor der Kurzfassung als Vorlage gedient haben dürfte. Auf dieser Grundlage wird eine kritische Edition geboten, die von einem knapp gehaltenen Stellenkommentar begleitet wird. Innerhalb der einleitenden Untersuchungen wird unter anderm der Frage nachgegangen, welches die leitenden Gesichtspunkte bei der Erstellung der Kurzfassung war : Augenscheinlich ging es darum, eine rein zisterziensische Sammlung herzustellen ; alle Erzählungen über Nichtzisterzienser wurden ausgeschieden. Und während in der Langfassung die Wunder- und Visionsberichte nach einzelnen Themengruppen geordnet sind, wird hier durch Umgruppierung eine hierar chische Ordnung erreicht : Erzählungen über Äbte, über Mönche, über Konversen und schließlich über weitere Ordensangehörige stehen je beieinander. In seinem anregenden Vortrag « Das Interesse an mittellateinischer Literatur » (Wolf gang Stammler Gastprofessur für Germanische Philologie, Vorträge, Heft 3, Freiburg Schweiz : Universitätsverlag, 1995, hier S. 27-32) erzählt Paul Gerhard S c h m i d t — ohne zunächst zu verraten, wovon er spricht — einen dem hohen, allenfalls späten Mittelalter angehörenden « Legendenroman » nach, in welchem es um Vergewaltigung und Entführung, Entfremdung und Wiedererkennen geht : den ‘Libellus de Constantino Magno eiusque matre Helena’. Erst spät wiederentdeckt und 1879 erstmals publiziert, liegt er seit kurzem in einer modernen kritischen Edition vor (ed. Giulietta G i a n g r a s s o , Firenze 1999). Die im Folgenden anzuzeigende Publikation beruht textlich auf dieser Edition (nebst einer späteren Ergänzung durch die Herausgeberin, in : Schede medievali 38, 2000, S. 211-219), nur daß da oder dort eine andere Lesart bevorzugt wird. Wenn die Arbeit an dieser Stelle genannt wird, so deshalb, weil dieser und zwei damit zusam menhängende Texte in lateinisch-deutschem Paralleldruck bequem präsentiert und zumal der ‘Libellus ...’ einer eingehenden, vor allem sprachlich ausgerichteten Kommentierung unterzogen wird: Incerti auctoris Historia de ortu atque iuventute Constantini Magni eiusque mater Helena / Historie über Herkunft und Jugend Constantins des Großen und seine Mutter Helena. Von einem unbekannten Verfasser. Ein Beitrag zum ConstantinJahr 2006. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Paul D r ä g e r . Trier : Klio media, 2005. 238 Seiten. ISBN 3-89890-080-0. — An der Spitze steht der Text des ‘Libellus’ — hier ‘Historia ...’ oder, nach seinem Entdecker, Anonymus Heydenreichianus genannt —, begleitet von einer deutschen Übersetzung. Daran schließt sich die kurze Tnstoria Helene matris Costantini inperatoris que requisivit crucem Domini nostri Jesu Christi’, nach deren Entdecker und Editor (Amos P a r d u c c i , in: Studi romanzi ..., 1, Roma 1903, S. 101-105) auch ‘Anonymus Parduccianus’ genannt. Beigegeben ist ferner De nativitate Constantini imperatoris’ nach der Ausgabe von Alfons H i l k a (in : Aufsätze, Fritz Milkau gewidmet, Leipzig 1921, S. 149-152). Während diesen Begleit texten je nur in geringem Maße Anmerkungen beigegeben sind, umfaßt der Kommentar zum Haupttext ungefähr 150 Seiten. Auf kurze Angaben zu den textkritischen Voraus setzungen folgen detaillierte Erläuterungen vor allem sprachlich-stilistischer und quel lenkritischer Art. Sie werden durch verschiedene Indices erschlossen. Erst danach, also am Schluß des Buches, folgt die Einleitung in das Ganze. Darin wird die erzählte Hand lung sowie das literarische Genus, dem sie angehört, behandelt, auch wird sie mit der historischen Wirklichkeit konfrontiert. Nach ausgiebiger Behandlung der Konstantin- 276 PETER STOTZ und Helena-Legende als solcher wird auf die Bibel als Spenderin einzelner Motive eingegangen, sodann auf Sprache und Stil, und — fast ganz am Schluß — auf die (nach wie vor ungelösten) Fragen nach Verfasser und Abfassungszeit. Die Arbeit schließt mit Erklärungen zum Vorgehen des Bearbeiters, vor allem auch zu seiner Übersetzungs praxis. Die in Trier entstandene Arbeit versteht sich als Beitrag zu der in Trier 2006 fest lich begangenen 1700. Wiederkehr der Proklamation des — aus dieser Stadt stam menden — Konstantin zum Augustus. Der — je nach Zählweise aus 31 oder 32 Kapiteln bestehende — pseudoaristoteli sche ‘Liber de causis’ (vgl. ALMA 58, 2000, S. 247f.) hat seit dem späten 12. Jahrhun dert große Beachtung gefunden. Der arabische Traktat ‘Kalam fi mahd al-khair’ (‘Abhandlung über das reine Gute’) wurde, wie angenommen wird, im 9. Jh. im Raum Bagdad von einem uns unbekannten Autor auf der Basis der ‘Elementado theologica’ des Proklos verfaßt und ist von Gerhard von Cremona (im Zeitraum 1167/87) ins Latei nische übersetzt worden. Von dem arabischen Text haben sich drei Handschriften gefunden, von der lateinischen Übersetzung nahezu 240. Nicht weniger als 27 mittelal terliche Kommentare zu dieser Schrift sind bekannt, darunter diejenigen von Thomas von Aquin und von Albertus Magnus (‘De causis et processu universitatis a prima causa’ ; MLW : A l b e r t . M. caus. univ.). Auch auf die spätmittelalterliche Mystik hat sie beträchtlichen Einfluß, so bezieht sich Meister Eckhart häufig auf sie. Die maßgebende Textedition ist diejenige von A. P a t t i n , Le Liber de causis. Édition établie à l’aide de 90 manuscrits avec introduction et notes (Tijdschrift voor filosofie 28, 1966, S. 90-203). Zahlreiche Verbesserungen sind beigesteuert worden von R. C. T a y l o r , Remarks on the Latin text and the translator of the Kalam Fi Mahd al-Khair / Liber de causis (Bulletin de philosophie médiévale 31, 1989, S. 75-102). Anzuzeigen ist hier nicht eine neue Edition, sondern sind gleich drei ungefähr gleichzeitig erschienene Bearbeitungen, die je einen Textdruck, eine deutsche Übersetzung und eingehende Erklärungen des Textes bieten, sich jedoch in manchen Belangen voneinander unterscheiden. Zunächst sei genannt : Alexander F i d o r a / Andreas N i e d e r b e r g e r . Von Bagdad nach Toledo. Das «Buch der Ursachen » und seine Rezeption im Mittelalter. Lateinisch-deutscher Text, Kommentar und Wirkungsgeschichte des Liber de causis. Mit einem Geleitwort von Matthias L u t z - B a c h m a n n . (Excerpta classica 20). Mainz: Dieterich, 2001. 270 Seiten, Abb. ISBN 3-87162-053-X. — Die Arbeit enthält den lateinischen Text nach Pattin mit Korrekturen Taylors, eine deutsche Übersetzung und einen knapp gehaltenen Kommentar, ferner einen Überblick über die Wirkungsgeschichte dieser Schrift im 12. und 13. Jahrhundert. — Anzuzeigen ist sodann : [Anonymus] Liber de causis / Das Buch von den Ursachen. Mit einer Einleitung von Rolf S c h ö n b e r g e r . Übersetzung, Glossar, Anmerkungen und Verzeichnisse von Andreas S c h ö n f e l d . Lateinisch-Deutsch. (Philoso phische Bibliothek 553). Hamburg : Felix Meiner, 2003. LI, 207 Seiten. ISBN 3-78731639-6. — Auf die eigentliche Einleitung folgt die Erörterung der Disposition der Schrift, dann im Paralleldruck der unverändert von Pattin übernommene Text und eine deutsche Übersetzung. Der Text wird in Form einzelner Anmerkungen erklärt. Schät zenswert sind die zahlreichen Beigaben : zunächst eine umfangreiche, strukturierte Lite raturübersicht, sodann Vergleichstabellen betreffend Proklos, die Kommentare von Thomas und Albertus Magnus — einschließlich je einer detaillierten Disposition dieser beiden Schriften — und die Zitate bei Meister Eckhart. Hinzu kommen eine Zeittafel und ein lateinisch-deutsches Glossar mit Stellenangaben. — Sodann ist als Habilitati onsschrift der Universität Bern die folgende weitere Bearbeitung erschienen : Andreas B ä c h l i - H i n z . Monotheismus und neuplatonische Philosophie. Eine Untersuchung zum pseudo-aristotelischen Liber de causis und zu dessen Rezeption durch Albert den Großen. Sankt Augustin : Academia Verlag, 2004. [VIII], 214 Seiten. ISBN 3-89665- CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 277 22-3-0, — Der umfangmäßig weit überwiegende erste Teil dieser Arbeit enthält, nächst einer Einführung, kapitelweise den lateinischen Wortlaut und im Paralleldruck eine deut sche Übersetzung, die der Verfasser seinerzeit mit seinem Lehrer, Andreas G r a e s e r , erarbeitet hatte. Jedesmal schließt sich daran eine ausführliche Interpretation. In dem weit schmaleren zweiten Teil befaßt sich der Autor unter dem Obertitel « Der Liber de causis in aristotelischer Perspektive » mit der Deutung dieser Schrift durch Albert den Großen. Dabei wird herausgestellt, daß Albertus sich dessen bewußt war, daß es sich um kein echtes Werk des Aristoteles handelt, es jedoch im aristotelischen Sinne interpretiert hat. Innerhalb der Albertus-Magnus-Edition selbst darf ein neuer Band willkommen geheißen werden (zuletzt : ALMA 62, 2004, S. 242) : Alberti Magni Super Porphyrium De V universalibus. Edidit Manuel S a n t o s N o y a . (Alberti Magni Opera omnia, Tomus 1, Pars 1A; numerus currens 26). Monasteri! Westfalorum : Aschendorff, 2004. XXVI, 192 Seiten. ISBN 3-402-04753-5. — Darin geht es um den von Albertus im Zeitraum 1254/57 abgefaßten Kommentar zur ‘Isagoge’ des Porphyrios nach der Übersetzung des Boethius ; in den Handschriften trägt er recht unterschiedliche Titel, so etwa ‘Liber de praedicabilibus’ (entsprechend im MLW : A l b e r t . M. praedicab.). Alberts letzte Abhand lung in diesem Werk geht auf ein Kapitel in der ‘Logik’ Avicennas zurück. Als Leit handschrift dient Cambrai, Bibi. Mun. ms. 961, doch muß verhältnismäßig oft von ihr abgewichen werden. Mit dem Titel De novitiis instruendis’ ist ein kurzer Text überschrieben, der sich in einer Sammelhandschrift mit zahlreichen Stücken geistlich-erbaulichen Charakters aus dem Ende des 16. Jahrhunderts (Douai 827) findet, die als ganze wohl auf eine oder mehrere Vorlagen aus dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts zurückgeht. Die darin vertretenen Texte dürften im Wesentlichen aus dem Zeitraum 1166/1201 stammen, und das wird auch für die vorliegende Schrift gelten. Da in ihrem Eingang Abt Goswin von Anchin (nach 1085-1166) genannt wird, ist dieser in der Forschung verschiedentlich, aber wohl zu Unrecht, als ihr Urheber bezeichnet worden. Sie selber stellt nichts weiter als ein Florilegium dar, mit Zitaten aus Väterschriften wie auch aus solchen geistlicher Autoren des 12. Jahrhunderts : Anselms von Canterbury, Bernhards von Clairvaux, Hugos von St. Viktor, Wilhelms von St-Thierry und anderer. Ein besonderer Bezug zur Schulung des monastischen Nachwuchses, zu der Phase des Eintritts in den Mönchs stand, ist aus dem Textkonglomerat nicht ersichtlich ; es scheint einzig der — gewiß aus dem Hochmittelalter stammende — Titel zu sein, der die Schrift in dieser Weise festlegt. Diese wird kritisch ediert und ausgiebig interpretiert in folgender Neuerscheinung : Mirko B r e i t e n s t e i n (Hg.). De novitiis instruendis. Text und Kontext eines anonymen Traktates vom Ende des 12. Jahrhunderts. (Vita regularis. Ordnungen und Deutungen religiösen (sic) Lebens im Mittelalter: Editionen 1). Münster : LIT Verlag, 2004. VIII, 174 Seiten. ISBN 3-8258-7241-6. — Die Arbeit entstammt dem Projekt «Institutioneile Strukturen religiöser Orden im Mittelalter » innerhalb des in Dresden angesiedelten Sonderforschungsbereiches 537 : « Institutionalität und Geschichtlichkeit ». Im Jahre 1852 edierte J.-L.-A. H u i l l a r d - B r é h o l l e s unter der Bezeichnung ‘Breve chronicon de rebus Sicilie’ — richtiger wäre : ‘... de regibus ...’ — eine kurze Darstel lung der Könige Siziliens, dies auf recht unsicherer Textgrundlage. Als Abfassungszeit dieses Geschichtswerkes ergibt sich 1272: die Zeit, in der das Haus Anjou seine Herr schaft in Süditalien errichtete und festigte. Der Verfasser war offenbar ein Geistlicher, der mit Brindisi oder mit Siponto besonders verbunden und Beziehungen zum Hofe Friedrichs II. unterhalten haben dürfte, ihn als junger Mann auch auf seinem Kreuzzug begleitet hatte. Die große Affinität zu joachitischem Schrifttum ist kein genügendes Indiz für die Annahme, es handle sich um einen Florensermönch. Der Text beruht auf 278 PETER STOTZ zwei (relevanten) Handschriften, die beide aus Süditalien und aus dem Ende des 14. Jahrhunderts stammen. Die eine, Vat. Ottob. lat. 2940, endet mit dem Tode des Kaisers (1250), fügt jedoch noch dessen Testament an. In der ändern Handschrift, Neapel BN VIII C 9, ist die Erzählung bis zum Sieg Karls von Anjou bei Benevent (1266) herabgeführt ; das Testament erscheint dort nicht. Bei der weiterführenden Fassung des Neapolitanus dürfte es sich um die ursprüngliche handeln. Vorstehendes sind die Ergebnisse der Untersuchungen, welche der Bearbeiter der folgenden Neuedi tion angestellt hat : Breve chronicon de rebus Siculis. Herausgegeben und übersetzt von Wolfgang S T ü R N E R . (Monumenta Germaniae Histórica : Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 77). Hannover : Hahn, 2004. VII, 129 Seiten. ISBN 3-7752-5477-3. — Nach den Ermittlungen des Herausgebers bewahrt der Neapolitanus etwas häufiger als der Ottobonianus den korrekten Wortlaut. Ihm folgt er denn allge mein, auch in sonstigen Zweifelsfällen. Die Ausgabe gehört zu jenen MGH-Editionen, denen eine deutsche Parallelübersetzung mitgegeben ist. Als Anhang wird das Testament Friedrichs II. nach dem Ottobonianus ediert. Die Geschichtsschreibung des Spätmittelalters ist zu einem nicht unbeträchtlichen Teil geprägt durch regionale Fortsetzungen großer, umfassender Geschichtswerke. Dieser aufs Ganze gesehen unscheinbare Zweig historiographischer Tätigkeit ist noch ungenügend erforscht. Dies gilt unter anderm für die beiden weit verbreiteten Geschichtswerke des Dominikaners Martin von Troppau ( f l 278): seine Papst- und seine Kaiserchronik. Zwar sind einzelne daran anknüpfende Fortsetzungen bereits ediert, unter anderm durch den in Würzburg lehrenden Rolf S p r a n d e l . (Eine der von ihm erarbeiteten Editionen ist in ALMA 55, 1997, S. 304 kurz vorgestellt worden.) Doch insbesondere für die Aufnahme, Nachwirkung und Weiterführung der Geschichtswerke Martins in England standen Untersuchungen bisher aus. Diesem Forschungsdesiderat wird nunmehr abgeholfen durch eine bei Sprandel 2001 einge reichte Dissertation, welche zu zwei separaten Publikationen geführt hat : einer Mono graphie und einem Editionsband. Erstere sei hier nur eben kurz erwähnt : WolfgangValentin I k a s . Martin von Troppau (Martinus Polonus), O. P. ( f l 278) in England. Überlieferungs- und wirkungsgeschichtliche Studien zu dessen Papst- und Kaiser chronik. (Wissensliteratur im Mittelalter, Schriften des Sonderforschungsbereichs 226 Würzburg / Eichstätt 40). Wiesbaden: Reichert, 2002. XV, 418 Seiten, Abb. ISBN 389500-313-1. — Die Arbeit umfaßt die Musterung der Textzeugen der Chronik Martins von Troppau : quantitative Erhebungen, die Untersuchung der englischen Überlieferung insgesamt, die Frage nach einzelnen Provenienzen und die Analyse der Abhängigkeiten untereinander. In der zweiten Hälfte der Arbeit geht es um die Wirkungsgeschichte des Textes : zunächst um die verschiedenen Fortsetzungen, sodann um Exzerpte und Interpolationen. Nach einer Einzelfallstudie zu einer Cambridger Handschrift wendet sich der Verfasser den mittelenglischen Übersetzungen zu, sodann der Verwendung der Chronik durch insulare Geschichtsschreiber vom späten 13. bis zum 15. Jahrhundert. — Nun zum Editionsband: Fortsetzungen zur Papst- und Kaiser chronik Martins von Troppau aus England. Herausgegeben von Wolfgang-Valentin I k a s . Zweite, verbesserte Auflage. (Monumenta Germaniae Histórica : Scriptores rerum Germanicarum, Nova series 19). Hannover : Hahn, 2004. XXI, 397 Seiten. ISBN 37752-0299-4. — Der Bearbeiter gibt einen Überblick über die Fortsetzungen aus dem englischen Raum. In die Aufzählung bereits edierter Texte bezieht er auch zwei wich tige Fassungen italienischer Herkunft ein, welche in England zu großer Wirksamkeit gelangt sind. Vor allem aber widmet er sich den bis dahin ungedruckten Fortsetzungen, die im Folgenden ihre Erstedition erfahren. Ihre Zahl beläuft sich auf knapp zwanzig ; die meisten von ihnen führen die Papstchronik weiter, nur ihrer zwei die Kaiser CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 279 chronik. Zwei weitere hierher gehörende Texte sind angeschlossen. Unter den Papst chronik-Fortsetzungen lassen sich zwei Gruppen unterscheiden : solchen, die auf beste henden Fortsetzungen aufbauen oder sonstwo anknüpfen, stehen andere Texte gegenüber, für die eine vermittelnde Schrift zumindest nicht nachweisbar ist. Für die erste Gruppe lassen sich die Abhängigkeiten durch eine stemma-artige Figur veran schaulichen; an deren Spitze stehen aus Italien gekommene Fortsetzungen. Manche englische Papstchronik-Fortsetzungen knüpfen bei anderen kontinentalen oder engli schen Chroniken an. In dem umfangreichen Editionsteil werden sechzehn Texte (oder Auszüge aus solchen) kritisch ediert. — Es ist darauf zu achten, daß diese Edition wirklich nur in der 2., verbesserten Auflage verwendet wird. Engelbert von Admont (um 1250-1331), ein Denker, der durch seine Studien in Prag und in Padua mit den aristotelischen Schriften zur praktischen Philosophie in Berührung gekommen war, und der später als Abt zunächst von St. Peter in Salzburg, dann des Klosters Admont in der Steiermark wirkte, verfaßte drei Traktate ethisch-politischen Charakters, darunter den Fürstenspiegel ‘De regimine principum’ und ein Werk über Tugend und Glückseligkeit, gerichtet an adelige Laien, ‘Speculum virtutum’. Unter der Leitung von Jürgen Miethke hat Karl U b l — welcher bereits in seiner Dissertation über Engelbert gehandelt hatte (s. ALMA 62,2004, S. 253) — die kritische Erstedition des Lai enspiegels an die Hand genommen : Engelbert von Admont, Speculum virtutum. Heraus gegeben von Karl U b l . In : Die Schriften des Alexander von Roes und des Engelbert von Admont, Teil 2. (Monumenta Germaniae Histórica : Staatsschriften des späteren Mittel alters I 2). Hannover : Hahn, 2004. VIII, 522 Seiten. ISBN 3-7752-0300-1. — Diese sich in 12 partes oder (kleine) Bücher gliedernde Schrift ist geprägt durch ein auf natur rechtlichen Vorstellungen beruhendes Gottesverständnis, in welchem christlich-theolo gische Gedankengänge weitgehend gemieden sind ; dementsprechend sind Zitate aus der Bibel oder Anklänge an sie für mittelalterliche Verhältnisse höchst selten. Das Werk beruht weitestgehend auf den Schriften des Aristoteles, vor allem auf der Nikomachischen Ethik und der Rhetorik. Weitere Quellen sind Texte Ciceros, Senecas und des Boethius, die Engelbert jedoch, im Gegensatz zu den Schriften des Aristoteles, vielfach nicht wört lich, sondern nur sinngemäß zitiert. Neben vielen weiteren antiken und mittelalterlichen Schriftstellern — unter ihnen etwa Thomas von Aquin und Aegidius Romanus, ‘De regi mine principum’ — zieht Engelbert auch zahlreiche Florilegien sowie Sprichwortgut heran. Großes Gewicht haben bei ihm exempla. Was den Inhalt betrifft, geht es nicht nur um gute und schlechte Lebensführung im moralischen Sinne, sondern auch — so in Buch 10 — um das, was den Umgang mit den Mitmenschen angenehm macht, um Urbanität. Zu den feinen Manieren, die man sich zulegen soll, gehört die Meisterung gepflegter Konversation und dergleichen mehr. Engelbert hat seinen Tugendspiegel wohl im Zeitraum 1306/13, somit während seines langen Admonter Abbatiats (12971327), abgefaßt und er widmet es zwei habsburgischen Herzögen. Er wird erstmals im Geschichtswerk des Johannes von Viktring (vor 1343) erwähnt, war dann auf den Konzilien von Konstanz und von Basel in Umlauf, sodann an der Universität Köln und weiteren deutschen Universitäten, ferner in Cambridge. Das ‘Speculum virtutum’ hat sich in 28 Handschriften erhalten ; diese gliedern sich in zwei Klassen, von denen die eine (a) mehr und ältere Textzeugen umfaßt, welche im Einzelfall oft gute Lesarten auf weisen. Die andere Klasse (b) bietet jedoch insgesamt den besseren Text und wird daher im allgemeinen zur Editionsgrundlage genommen. In einem Werk wie dem vorliegenden läßt sich verhältnismäßig leicht zwischen sinnvollen und unsinnigen Varianten unter scheiden, und durch Weglassung der letzteren konnte der textkritische Apparat knapp gehalten werden. Als kleine Gegenprobe wird der Widmungsprolog mit allen Varianten abgedruckt. 280 PETER STOTZ Innerhalb der Erzählliteratur der zweiten Hälfte des Mittelalters gibt es, wie bekannt, einzelne Komplexe, die in zahlreichen Fassungen im Lateinischen wie in den Volks sprachen zirkulierten, und bei denen die Beeinflussungen hin- und hergehen — der Text also während Jahrhunderten «unfest», lebendig eben, blieb. Dazu gehören die euro päischen Ableger des wohl aus Persien stammenden Komplexes der ‘Sieben weisen Mei ster’, bestehend aus einer Rahmenerzählung und unterhaltsam-belehrenden Binnenerzäh lungen. Früh faßbare Textformen sind der ‘Dolopathos’ des Johannes de Alta Silva (Ende 12. Jahrhundert) und eine altfranzösische Versversion. Auf die letztere geht eine französi sche Prosafassung zurück, die mit der Sigle A gekennzeichnet wird, auf sie wiederum die stark verbreitete lateinische Fassung ‘Historia septem sapientum’ (Sigle H). Diese letz tere, um die es in der Folge ausschließlich geht, ist seit der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts in lateinischer Sprache im Umlauf, vom 15. Jahrhundert an in Übersetzungen in fast alle europäische Sprachen. Innerhalb der Gesamtüberlieferung zeichnet sich die lateinische ‘Historia ...’ dadurch aus, daß in den meisten Handschriften den Erzählungen geistliche Auslegungen beigegeben worden sind, und zwar gehörten diese, entgegen anderslauten den Ansichten, von Anfang an dazu. In den meisten Handschriften steht die ‘Historia ...’ in Überlieferungsgemeinschaft mit einer ändern Sammlung von Erzählungen, den ‘Gesta Romanorum’. Ein Desiderat der Forschung war eine kritische Sichtung der Überliefe rungsverhältnisse und die Bereitstellung einer ihnen entsprechenden Edition, dies nicht zuletzt auch als Grundlage für den Vergleich mit volkssprachlichen Fassungen. Dieser Herculeus labor ist geleistet worden in Form einer 1999 eingereichten Basler Disserta tion, betreut von dem Germanisten Rüdiger Schnell und von Paul Gerhard Schmidt (Frei burg im Breisgau) : ‘Historia septem sapientum’. Überlieferung und textgeschichtliche Edition. Von Detlef R o t h . 2 Bände (1 : Untersuchung und Edition der Redaktionen I und II ; 2 : Edition der Redaktionen III und IV und Anhang). (Münchener Texte und Unter suchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 126. 127). Tübingen : Max Niemeyer, 2004. XI, VI, 763 Seiten (durchpaginiert). ISBN 3-484-89126-2. — Zunächst wird eine gründliche Einführung in den Gang der Überlieferung und in die Textgeschichte gegeben, dabei werden bereits einige markante Handschriften ihrem Entstehungskontext nach cha rakterisiert. Dem Bearbeiter sind 72 Handschriften bekanntgeworden ; vor seinen Ermitt lungen waren es nur gut 30 gewesen. Nach seinen Feststellungen lassen sie sich in vier Gruppen gliedern. Seinen Überblick über die Textzeugen beginnt er mit einer tabel larischen Kürzestbeschreibung aller Handschriften, alphabetisch nach Siglen (und damit : nach dem Aufbewahrungsort). Danach folgt ihre detaillierte Beschreibung — stets unter minuziöser Verzeichnung des jeweiligen Gesamtinhaltes —, geordnet nach den Gruppen I bis IV. Es folgt die Beschreibung der insgesamt 11 alten Drucke (zwischen 1473 und 1526), ferner die Zusammenstellung derjenigen ‘Gesta Romanorum’-Handschriften (drei Gruppen), bei denen den ‘Gesta ...’ einzelne Erzählungen der ‘Historia ...’ eingegliedert worden sind. Im Zuge der aufwendigen Recensio wird sodann zunächst das Verhältnis der Handschriften innerhalb der vier Gruppen, dann dasjenige der Gruppen zueinander bestimmt. Hierauf werden die Textgestalten näher beschrieben, es wird auf die geistlichen Auslegungen eingegangen, zudem auf das Verhältnis zu den ‘Gesta Romanorum’. — Der umfangreichere zweite Teil der Arbeit enthält nun die textgeschichtliche Edition der ‘Historia ...’ ; dabei läßt sich aus den Gruppen I und II ein gemeinsamer Text herstellen, während die Gruppen III und IV je gesondert ediert werden. Damit synoptisch-ver gleichendes Lesen ermöglicht wird, sind die Fassungen der letzten beiden Gruppen in einem Band für sich untergebracht. Für jede der drei Textfassungen wird eine Leithand schrift bestimmt ; es wird also von dem Versuch einer Rekonstruktion des jeweiligen Hyparchetyps abgesehen. Bei dem Text der Gruppen I/II sind die Lesarten der Handschriften in zwei gesonderten Apparaten einander gegenübergestellt. Anhangsweise werden die aus CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 281 dem Rahmen fallenden reductiones einer bestimmten Handschrift wiedergegeben, die dort für sich überliefert sind und mit den üblichen Ausdeutungen (Gruppe I) nicht über einstimmen. Schließlich folgen textkritische und sprachliche Erläuterungen, sodann Zusammenstellungen von Zitaten und biblischen Similien wie auch von Parallelen zu den ‘Gesta Romanorum’. Im Spätmittelalter hat man — wir wissen es alle — intensiv nachgedacht und gestritten über das Verhältnis zwischen der geistlichen und der weltlichen Macht, zwischen den Rechten des deutschen Königs und Kaisers und den Prärogativen des Papstes. Zu den rechtskundigen, politisch denkenden Geistlichen, welche sich auf kaiserlicher Seite über dieses Verhältnis Gedanken gemacht haben und in diesem Sinne publizistisch tätig gewesen sind, gehört Lupoid von Bebenburg (um 1300-1363), Domherr in Würzburg und seit 1353 Bischof von Bamberg. Der aus dem niederen Adel Frankens stammende Lupoid erwarb sich in Bologna die Würde eines doctor decretorum. Als Kanonist war er dazu prädestiniert, in öffentlichen Auseinandersetzungen aufzutreten. Dies tat er nach seiner Rückkehr nach Deutschland denn auch ausgiebig, zunächst im Umkreis der Kurie von Mainz, dann als langjähriger Offizial des Bischofs von Würzburg. In zahlreichen Rechtsstreitigkeiten stand der Kaiser samt dem deutschen Episkopat der päpstlichen Kurie in Avignon gegenüber, und Lupoid erwarb sich in Jahr zehnten Erfahrung in der Behandlung strittiger Bischofswahlen. Zugleich ging es um die Ausgestaltung der Verfassung des Reiches; in diesem Zusammenhang sei auf einen Rechtsspruch der deutschen Kurfürsten in Rhense vom Sommer 1338 hingewiesen. Lupoid könnte daran beteiligt gewesen sein ; jedenfalls ist sein ‘Tractatus de iuribus regni et imperii Romanorum’ (im Wesentlichen 1340 fertiggestellt) ist in manchen Dingen geradezu eine Paraphrase, ein Kommentar der fürstlichen Verlautbarung. Von diesem Traktat und zwei weiteren Texten Lupolds ist, nach einer nahezu hundertjährigen Vorgeschichte, eine kritische Edition erschienen : Politische Schriften des Lupoid von Bebenburg. Herausgegeben von Jürgen M i e t h k e und Christoph F l ü e l e r . (Monumenta Germaniae Histórica: Staatsschriften des späteren Mittelalters 4). Hannover : Hahn, 2004. XXIV, 608 Seiten. ISBN 3-7752-0304-4. — An erster Stelle steht hier der genannte ‘Tractatus ...’, ein umfangreicher Text, der sich vollständig in zwanzig Hand schriften erhalten hat. Auf der Grundlage der kanonistischen Staatstheorie des 13. Jahr hunderts wird hier die Stellung und werden die Rechte des deutschen König- und Kaisertums herausgearbeitet. Dabei werden fünf Hauptthesen verteidigt, die sich mit der Erklärung von Rhense berühren. Eine ähnliche Stoßrichtung, doch einen gänzlich anderen Inhalt hat der wenig später (1342) fertiggestellte und dem Herzog von Sachsen gewidmete ‘Libellus de zelo Christiane religionis veterum principum Germanorum’. In diesem durch 11 vollständige Handschriften vertretenen Text legt Lupoid dar, welchen Glaubenseifer und welche Ergebenheit gegenüber dem römischen Stuhl die deutschen Herrscher bewiesen hätten, und welch hohes Verdienst ihnen daraus erwachsen sei. Hier beschreibt er mehr, als daß er argumentiert — diesbezüglich verweist er oft auf seinen ‘Tractatus ...’. Vielfach folgt er textlich recht eng seinen historiographischen Quellen. Hinzu kommt als dritter Text eine etwa gleichzeitig mit dem ‘Tractatus ...’ geschaffene Dichtung — 180 Langzeilen zu 14 Silben, vielfach von der Form 7pp+7p. Ihr Titel lautet : ‘Ritmaticum querulosum et lamentosum dictamen de modemis cursibus et defectibus regni ac imperii Romani’. Dem Dichter erscheint in einem Traum eine venustis sima domina als allegorische Verkörperung des Reichs und beklagt sich über erlittenes Unrecht und die Mißachtung ihrer Vorrechte. Der Dichter soll als ihr Diener furchtlos in ihrem Namen auftreten. Diese in nur einer Handschrift erhaltene Dichtung enthält 31 Glossen, die sich auf den Verfasser selber zurückführen lassen. 1341 und um 1349 sind davon deutsche Nachdichtungen geschaffen worden. In der vorliegenden Edition 282 PETER STOTZ werden zunächst, über das sonst in Einleitungen Übliche weit hinausgehend, und unter Rückgriff auf ein breites und hier konkret reproduziertes Material, die historisch-politi schen Konstellationen deutlich gemacht, in welchen diese drei Schriften Lupolds stehen. Schon früh gab es rabbinische Jesustraditionen, aus denen — vielleicht etwa zu Ende des 3. Jahrhunderts — ein zusammenhängender Text polemisch-parodierender Art geschaffen wurde. Unter dem Namen ‘Toldot Jeschu’ (‘[Abstammungs-]Geschichte Jesu’) war dieser im Mittelalter in zahlreichen Fassungen in Umlauf, außer in Hebräisch auch in Übersetzungen ins Arabische, Persische, Spanische und Deutsche. Die erste Spur einer Kenntnis davon im christlichen Westen findet sich in Form von Zitaten in der Schrift ‘De Iudaicis superstitionibus’ Agobards von Lyon von 826/827. Im 13. Jahrhun dert gibt Raymundus Martinus in seinem ‘Pugio fidei adversus Mauros et Iudaeos’ eine größere Partie des ‘Toldot Jeschu’ in lateinischer Übersetzung wieder. Diese gelangte über die ‘Victoria Porcheti adversus impíos Hebreos’ des Porchetus de Salvaticis (1303, gedruckt 1520) zur Kenntnis Martin Luthers, der sie (1543) ins Deutsche übersetzte. Die erste vollständige Übersetzung des ‘Toldot Jeschu’ ins Lateinische stammt indessen von dem Wiener Geschichtsschreiber Thomas Ebendorfer (1388-1464) (vgl. zuletzt ALMA 62, 2004, S. 245). Davon liegt eine autographe, mit Fehlem behaftete Abschrift Ebendorfers in einer Wiener Handschrift vor ; eine Kopie findet sich in einem Göttweiger Manuskript. Vor kurzem ist eine von einer deutschen Parallelübersetzung begleitete Ausgabe dieses und damit zusammenhängender Texte erschienen : Das jüdische Leben Jesu / Toldot Jeschu. Die älteste lateinische Übersetzung in den Falsitates Judeorum von Thomas Ebendorfer. Kritisch herausgegeben, eingeleitet, übersetzt und mit Anmer kungen versehen von Brigitta C a l l s e n , Fritz Peter K n a p p , Manuela N i e s n e r und Martin P r z y b i l s k i . (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 39). Wien / München : R. Oldenbourg, 2003. 107 Seiten. ISBN 3-7029-0475-1 (Wien) / 3-486-46852-7 (München). Zu Ebendorfers Schrift ‘Falsitates Iudeorum’ gehören als rahmende Teile: 1] ein Prolog des Übersetzers, 2] nach dem Text von ‘Toldot Jeschu’ ein in der Handschrift in hebräischer Sprache und Schrift wiedergegebenes, mit lateini schen Interlinearglossen versehenes (nur hier überliefertes) Schmähgedicht, begleitet von kurzgefaßten Anmerkungen Ebendorfers, sowie 3] ein gegen die Juden gerichteter Traktat Ebendorfers, der jedoch unvollendet geblieben oder hier nur unvollständig einge tragen worden ist. Beigegeben ist außerdem die lateinische Teilübersetzung des Porchetus samt deren deutscher Wiedergabe durch Luther. Seine Übersetzung des ‘Toldot Jeschu’ hat Ebendorfer mit Hilfe eines jüdischen Konvertiten bewerkstelligt ; wahrscheinlich lief die Umsetzung über das Deutsche. Die Abfassung seiner antijüdi schen Schrift als ganzer könnte, so vermuten die Herausgeber, von der Wiener Gesera von 1420, einem großangelegten Pogrom, angestoßen worden sein. Vielleicht gehört sie der Mitte des 15. Jahrhunderts an und bedeutet eine Stellungnahme gegen die verhält nismäßig judenfreundliche Politik Friedrichs III. Des Weiteren ist hier die Edition einer eigenen Schrift Ebendorfers anzuzeigen. Während der Arbeit an seiner Kaiserchronik (vgl. ALMA 62, 2004, S. 245) kam ihm der Gedanke, eine zurückblickende Abhandlung über die Schismen im Papsttum zu verfassen und dieser Chronik als Anhang beizugeben. Veranlassung dazu mögen ihm Eindrücke gegeben haben, die er 1432-1435 als Abgesandter der Universität Wien am Konzil von Basel empfing. Die Absicht ließ sich in dieser Form nicht verwirklichen, und so schuf er denn einen selbständigen Schismentraktat, begonnen bei dem Schisma zwischen Cornelius und Novatian und herabführend bis zu Kalixt III. und Pius II., der nur eben noch erwähnt wird. Der Hauptsache nach schrieb Ebendorfer diese Abhand lung 1451 nieder, doch arbeitete er bis 1458 weiter daran. Ihr Text ist autograph über liefert in Handschrift 3423 der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, die zahl CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 283 reiche weitere Arbeiten Ebendorfers enthält ; es sind keine weiteren Textzeugen bekannt. Ebendorfer verzichtete auf die Weiterführung und den Abschluß der Schrift wegen der Arbeit an seiner Papstchronik (s. ALMA 55, 1997, S. 304f.), die inzwischen eingesetzt hatte, und wozu der Schismentraktat eine Vorarbeit ist. Für die Behandlung der, je nach Zählung, 24 oder 25 Schismen stützte Ebendorfer sich hauptsächlich auf die ‘Chronica summorum pontificum et imperatorum Romanorum’ des Regensburger Chorherm Andreas (vollendet 1422), daneben auf Martin von Troppau, den Anonymus Leobiensis und andere Texte, unter anderm auch solche joachitischer Herkunft, vor allem auf die Schrift ‘De causis, statu, cognitione ac fine schismatis et tribulationum futurarum’ des Telesphorus von Cosenza (1386). Soeben hat Ebendorfers Schismentraktat eine neue kritische Edition erhalten : Thomas Ebendorfer. Tractatus de schismatibus. Herausge geben von Harald Z i m m e r m a n n . (Monumenta Germaniae Histórica: Scriptores rerum Germanicarum, Nova series 20). Hannover : Hahn, 2004. XXXIV, 147 Seiten. ISBN 3-7752-O22O-X. — Vorliegende Edition ist die Neubearbeitung der Dissertation, mit welcher der Herausgeber 1952 bei Alphons Lhotsky promoviert hatte (erschienen in: Archiv für österreichische Geschichte 120, 1954, S. 43-147). Unter den zahlreichen historischen Werken von Enea Silvio Piccolomini (Pius II., 1405-1464) ist seine im Sommer 1458, kurz vor seiner Papstwahl, vollendete Geschichte Böhmens nicht das geringste. Sie reiht sich ein in eine ganze Reihe von Beschreibungen einzelner Regionen Europas, hat denn auch Gemeinsamkeiten mit seiner etwa gleichzeitig entstandenen Schrift ‘Europa’ sowie mit seiner ‘Historia Austrialis’ (1453/58). Bereits während des Konzils von Basel war er auf Böhmen, vor allem auf die Hussiten, aufmerksam geworden, in denen er eine große Gefahr sah. Die ‘Historia Bohémica’ ist nach heutiger Kenntnis in 39 Handschriften sowie zwei Inku nabeln überliefert. Bald schon ist sie in einzelne Volkssprachen übersetzt worden. Noch in die Lebenszeit des Autors fällt die deutsche Übersetzung des Peter Eschenloër. Bald folgte eine Übertragung ins Tschechische durch Jan Hüska. Übersetzungen ins Spanische und ins Italienische schlossen sich an. Im Gefolge vierer deutsch-tsche chischer Humanismus-Konferenzen (1985 bis 1993) entstand ein umfangreiches Editionswerk: Aeneas Silvius Piccolomini. Historia Bohémica. Herausgegeben von Joseph H e j n i c und Hans R o t h e . 3 Bände : Band 1 : Historisch-kritische Ausgabe des lateinischen Textes, besorgt von J’ H’, mit einer deutschen Übersetzung von Eugen U d o l p h / Band 2 : Die frühneuhochdeutsche Übersetzung (1463) des Breslauer Stadt schreibers Peter Eschenloër, herausgegeben von Václav B o k / Band 3 : Die erste altt schechische Übersetzung (1487) des katholischen Priesters Jan Hüska, herausgegeben von Jaroslav K o l á r . (Bausteine zur Slavischen Philologie und Kulturgeschichte, Neue Folge, Reihe B: Editionen 20, 1-3). Köln: Böhlau, 2005. ISBN 3-412-15404-0 (Gesamtwerk) / -5504-7 (Band 1). — Nachstehend einige Angaben zum lateinischen Text und zu dessen Edition in Band 1 : Geboten wird eine kritische Edition unter Berücksichtigung der gesamten bekannten Überlieferung, im Paralleldruck mit einer deutschen Übersetzung. Am Fuß der linken Seite findet der umfangreiche Variantenap parat Platz, an dem der rechten die konzis gehaltenen Sachanmerkungen. Voran steht eine Einleitungspartie von 263 Seiten. Hervorgehoben sei daraus der — von einer deutschen Übersetzung begleitete — Abdruck dreier umfangreicher biographischer Zeugnisse zu Piccolomini, sodann Erörterungen zu seiner Kenntnis Böhmens, zu den Gemeinsamkeiten mit ändern seiner historiographischen Werke, zu den für die ‘Historia Bohémica’ selber herangezogenen — antiken und zeitgenösisschen — Quellen, zur Überlieferung und zur Wirkungsgeschichte des Werkes und endlich zum geschichtlich-politischen Denken Piccolominis, wie es hier zutagetritt, vor allem betreffend die Rolle Böhmens im deutschen Reich. 284 PETER STOTZ Emeut ist ein neuer Band innerhalb der Reihe der Editionen monastischer Brauch aufzeichnungen anzuzeigen (zuletzt : ALMA 59, 2001, S. 277f.). Er gilt einem der wich tigsten Consuetudinestexte des ausgehenden Mittelalters, nämlich den Caeremoniae der Klöster, welche sich der Bursfelder Reform angeschlossen hatten : jener Bewegung, die seit 1434 von dem Kloster Bursfelde (bei Göttingen) ausging und sich binnen kurzer Frist vor allem in Norddeutschland, aber auch in ändern Regionen des nördlichen und mittleren Europa ausbreitete und welcher am Vorabend der Reformation nicht weniger als 94 Männer-, dazu zahlreiche Frauenklöster zugehörten. 1449 wurde in Bursfelde und in Mainz je ein Ordinarius zusammengestellt ; in der ältesten, in Melk liegenden Hand schrift von 1457/58 ist der Bursfelder Ordinarius mit den Caeremoniae vereinigt. Die Texte wurden im Auftrag des Kapitels in verschiedenen Arbeitsgängen redigiert; 1474/75 wurde die daraus hervorgegangene und approbierte Fassung gedruckt. Vor kurzem ist nun eine kritische Ausgabe der Caeremoniae erschienen : Caeremoniae Bursfeldenses. Edidit Marcellus A l b e r t . (Corpus consuetudinum monasticarum 13). Sieg burg : Franciscus Schmitt, 2002. XIII, 477 Seiten. ISBN 3-87710-400-2. — Leitender Textzeuge ist die genannte Inkunabel ; aus der großen Zahl von Handschriften sind ihrer 15 im Apparat berücksichtigt. Aus der ältesten unter ihnen, der Melker Handschrift, wird für jedes Kapitel, soweit darin bereits vorhanden, die Anfangspartie im vollen Wortlaut dem Inkunabeltext in Spaltendruck gegenübergestellt. Große Sorgfalt ist dem Sachkommentar gewidmet ; hier geht es vor allem um die Quellen der in die Caeremoniae einge gangenen Vorschriften. Auf sie und auf die Art ihrer Verarbeitung wird denn auch in der Einleitung im Detail eingegangen. Unter den zahlreichen Indices sei hier das 75 Seiten umfassende allgemeine Wortregister hervorgehoben. Das im Braunschweigischen gelegene Kloster Königslutter trägt die Erinnerung an seine Gründung durch König Lothar III. im Jahre 1135 in seinem Namen weiter. Heute ein namhaftes Reiseziel wegen der aus dieser Zeit stammenden Kirche, war die könig liche Gründung bald nach der glanzvollen Anfangszeit zu einem unscheinbaren Kloster herabgesunken. Ein ihm angeblich von hoher Stelle verliehener Ablaß war eine will kommene Einkommensquelle ; 1491 fand die Bursfelder Reform Eingang. Ganz zu Ende des Mittelalters fand das Haus in der Person von Johannes Jacobi, der hier von 1503 bis zu seinem Tod im Jahre 1540 die Abtswürde innehatte, einen Geschichtsschreiber, der in seinem ‘Chronicon monasterii Regiae-Lothariae’ im Stile der althergebrachten ‘Gesta abbatum’ die Geschicke des Klosters aufzeichnete. Dieser Text wird erstmals herausge geben in: Die Chroniken des Klosters Königslutter. Von Klaus N a s s . (Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Landesgeschichte 37). Braunschweig : Selbst verlag des Braunschweigischen GeschichtsVereins, 2001. 142 Seiten, Abb. ISBN 3-928009-18-4. — Diese Chronik wird hier, begleitet von einer deutschen Parallelüber setzung und von zahlreichen Sachanmerkungen, aus der einzigen Handschrift (dem Kopialbuch des Abtes) ediert. Beigegeben ist die Erstedition einer etwa hundert Jahre jüngeren Geschichtsquelle, der ‘Chronica des Stiffts Königs Lutter’, verfaßt von Hein rich Meibom dem Älteren (1555-1625) in den Jahren 1613/25. Meibom wirkte seit 1583 an der Universität Helmstedt. Er gab regionale Geschichtsquellen heraus und verfaßte mehrere Chroniken von Klöstern und Stiften jener Gegend. Seine deutsch geschriebene Chronik von Königslutter ergänzte er durch achtzehn lateinische Urkunden aus der Zeit von 1135 bis 1331, die er einem (inzwischen verlorenen) Kopialbuch entnahm. Der Herausgeber seinerseits gibt seiner Arbeit nebst einem Verzeichnis der Äbte des Klosters die kritische Edition fünf lateinischer Urkunden bei. Mitgeteilt sei an dieser Stelle, daß sämtliche Blockbücher der Universitätsbibliothek München in einer Mikrofiche-Ausgabe zugänglich gemacht worden sind: Farbmikrofiche-Edition der Blockbücher der Universitätsbibliothek München. Historische CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 285 Einführung von Wolfgang M ü l l e r . Katalogbeschreibungen und Verzeichnisse der Tafeln von Helga L e n g e n f e l d e r . (Monumenta xylographica et typographica 5). München : Lengenfelder, 2004. 96 Seiten Text, 8 Mikrofiches. ISBN 3-89219-405-X. — Zu den publizierten Blockbüchem gehören: Armenbibel, ‘Speculum humanae Salvationist ‘Ars memorandi’, ‘Defensorium virginitatis Mariae’, Apocalypsis, ‘Ars moriendi’ und andere. Nunmehr ist auf einige M onographien hinzuweisen. Begonnen sei mit einem Werk, das eine große Spannweite aufweist, und dessen Hauptausrichtung nicht zu den in dieser Zeitschrift gepflegten Schwerpunkten gehört, jedoch aller Beachtung wert ist. Thema sind die Formen und Methoden, in und mit denen die Inhalte der Artes liberales im Mittelalter vermittelt worden sind, dies mit dem Blick auf die volkssprachliche Umsetzung für ein Laienpublikum, und auf deren Darstellung in Medien, die von der gelehrten Abhandlung zur veranschaulichenden Darstellung, zur « Inszenierung » führen, handle es sich nun um Bilderhandschriften, Einblattholzschnitte oder Fastnachtsspiele : Michael S tolz. Artes liberales-Zyklen. Formationen des Wissens im Mittelalter. 2 Bände. (.Bibliotheca Germanica. Handbücher, Texte und Monographien aus dem Gebiete der Germanischen Philologie 47/1. II). Tübingen: Francke, 2 0 0 4 . XIII, 9 9 2 Seiten (durchpaginiert), 1 3 0 Abb. ISBN 3 -7 7 2 0 -2 0 3 8 -0 . — Das umfangreiche Werk, eine Habilitationsschrift der Universität Bern von 2 0 0 0 , wird gerahmt von zwei Groß kapiteln von allgemeinerer Ausrichtung, « Zugänge » und « Perspektiven ». Dazwischen steht ein — selber schon über 3 0 0 Seiten starker Mittelteil mit « Fallstudien » über Artes liberales-Zyklen aus der Rezeption des ‘Anticlaudianus’ des Alanus ab Insulis. Der zweite Band enthält Anhänge mit dem Abdruck lateinischer und deutschsprachiger Texte, einen großzügig bestückten Abbildungsteil und umfangreiche Verzeichnisse und Register. In dem einführenden Teil « Zugänge » geht es unter anderm um die bildungs geschichtlichen Grundlagen — mit Benennung auch der mittelalterlichen Instanzen wie Gerberts, der Schule von Chartres, Johannes’ von Salisbury, Hugos von St-Victor und anderer —, um die fachlichen Inhalte der einzelnen Artes, um Gebrauchskontexte und die Methodik ihrer Vermittlung. Daran schließen sich drei « Pilotuntersuchungen » an ; sie betreffen die Übersetzung des Martianus Capella durch Notker den Deutschen, die Artes-Miniatur in Herrads ‘Hortus deliciarum’ und Verwandtes sowie den Aries-Zyklus im ‘Welschen Gast’ des Thomasin von Zerklære. Der Mittelteil handelt von Artes-Perso nifikationen mit unterschiedlichem Status in Bilderhandschriften des ‘Anticlaudianus’, über Artes-Signaturen in Einblattillustrationen sowie über die Heranziehung des Motivs des Wagenbaus bzw. von Rad und Wagen zur Vergegenwärtigung der Artes. Im weiteren geht es um Aries-Personifikationen als similitudines corporales in der Gedächtnislehre des Thomas von Aquin, mit einer eingehenden Analyse der Quellen. Im Mittelpunkt des Schlußteils, « Perspektiven », stehen « diskursive Transformationen » des Gegenstandes in drei deutschsprachigen Texten : Die Artes stehen dabei im Dienste der Herrschaftsre präsentation, dienen als Memento mori oder vermitteln die Liebeskunst. Von den Anhängen des zweiten Bandes seien erwähnt : die Edition lateinischer Aries-Merkverse aus verschiedenen Handschriften (Anh. 1-3), eines enzyklopädischen Vorspanns zum Psalmenkommentar des Wilhelm Müncher (nebst Bildbeischriften ; Anh. 5), von AriesAbschnitten im Spruchbuch des Heinrich von Mügeln (teils lateinisch, teils deutsch, Anh. 6) sowie der (ebenfalls teils lateinischen, teils deutschen) Bildbeischriften einer ‘Vermahnung der geistlichen und weltlichen Stände Deutschlands’ (Anh. 7). In Walter Berschins breit angelegter Arbeit über die Biographie im lateinischen Mittelalter bis etwa 1220 hat die Darstellung der einzelnen Epochen ihr Ziel erreicht (vgl. ALMA 59, 2001, S. 281). Inzwischen ist, wie angekündigt, ein das Ganze über wölbender Schlußband erschienen: Walter B e r s c h i n . Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter. 5 : Kleine Topik und Hermeneutik der mittellateinischen Biogra- 286 PETER STOTZ phie — Register zum Gesamtwerk. (Quellen und Untersuchungen zur Lateinischen Philologie des Mittelalters 15). Stuttgart : Hiersemann, 2004. XIV, 361 Seiten. ISBN 3-7772-0409-9. — Seinen umfangreichen Essay, der das erste Drittel des Buches ausmacht, ordnet der Verfasser nach dem bekannten Frage-Hexameter : Quis, quid,, ubiy quibus auxiliis, cur, quomodo, quando ? Unter quis ? wird beispielsweise erörtert, ob der Biograph seinen Helden kennen müsse, und es wird zwischen Distanzierung und Iden tifikation geschieden. Unter quid ? werden nebst anderem Gattungsfragen und solche der Darstellung (Chronologie) behandelt. Mit ubi ? wird nicht nur nach den Orten von Produktion und Rezeption gefragt, sondern auch nach der Anzahl der Exemplare eines bestimmten Textes, quibus auxiliis ? bezieht sich auf Modelle der Biographie, auf ange wandte Schemata und gewisse Leitideen. Bei cur? geht es um die immer wieder genannten Veranlassungen zur Abfassung einer Biographie : Angaben, denen man aller dings bisweilen ein gewisses Mißtrauen entgegenzubringen hat. Die Frage quomodo ? vereinigt unterschiedliche schriftstellerische Erwägungen und Entscheidungen, so etwa, ob Prosa oder Versform zu wählen sei. Eine ganze Reihe von Topoi wird hier gebucht. Und schließlich geht es unter quando ? um die zeitliche Dimension bei Produktion (Arbeitszeit) und Rezeption (Lesezeit), aber auch hinsichtlich des Abstandes des Autors zu den beschriebenen Ereignissen. Unter all diesen Gesichtspunkten wird unablässig auf Stellen in der vorangegangenen Darstellung der einzelnen biographischen Werke verwiesen. Die umfangreichen Register zum Gesamtwerk umfassen lateinische Wörter, Wortformen und Junkturen, ein Register der angeführten Stellen (Autoren bis etwa 600), ein Sachregister (auch betreffend Zahlen), ein Register der geographischen Namen, eine Konkordanz mit der BHL und schließlich ein Incipitregister für Stücke in gebundener Form. An der Universität Kiel läuft ein Graduiertenkolleg « Imaginado borealis : Perzep tion, Rezeption und Konstruktion des Nordens ». In diesem Rahmen und als Dissertation der Universität Hamburg von 2003/04 ist eine mentalitätsgeschichtliche Untersuchung erschienen, welche der Frage nachgeht, welche Benennungen für den ‘Norden’ bestanden haben, welche Vorstellungen von ihm, vor allem jedoch, welche Bewer tungen : David F r a e s d o r f f . Der barbarische Norden. Vorstellungen und Fremdheitskate gorien bei Rimbert, Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen und Helmold von Bosau. (Orbis mediaevalis, Vorstellungswelten des Mittelalters 5). Berlin: Akademie Verlag, 2005. 415 Seiten. ISBN 3-05-004114-5. Im ersten Hauptteil der Arbeit geht es um die Vorstellungen, die man sich vom ‘Norden’ gemacht hat. Zunächst werden die griechischen und lateinischen Bezeichnungen des Nordens besprochen, sodann die geographischen Vorstellungen, die man sich in der Antike, dann im 8. bis 10., und schließlich im 11. und 12. Jahrhundert darüber gemacht hat. Was die Einschätzungen angeht, wird bei denen der Himmelsrichtungen allgemein angesetzt, dann werden die Wertungen des ‘Nordens’ bei den vier im Titel genannten Autoren gemustert. Im zweiten Hauptteil geht es um das « Barbarische », um das Fremde am Norden. (Insofern trifft sich die Arbeit teilweise mit der in ALMA 62, 2004, S. 250f., angezeigten von Völker S c i o r . ) Eingesetzt wird hier mit methodischen Überlegungen und bei den sprachlichen Bezeichnungen der Fremdheit in Antike und Mittelalter. Dann werden bei den vier Autoren unterschiedliche Kategorien der Fremdheit dingfest gemacht : religiöse, ethni sche, politische und kulturelle Fremdheit. Bei R i m b . Anscar. geht es nebst anderem um das missionarische Interesse, in T h i e t m . chron. erscheint der ‘Norden’ als Gegenwelt ; bei A d a m . gest. wird ein antikisierendes Nördlichkeitsbild und die eschatologische Bedeutung des ‘Nordens’ hervorgehoben. Der St. Galler Mönch Ekkehart IV. ist vor allem als hochbegabter Erzähler bekannt und geschätzt. Vielleicht nicht ganz so anziehend, jedoch bildungs- und kulturge CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 287 schichtlich von nicht minderem Interesse sind seine verschiedenen — kleineren und größeren — Dichtungen. Kürzlich ist hierzu ein willkommener kurzer Überblick vorge legt worden : Stefan W eber. Ekkehardus poeta qui et doctus. Ekkehart IV. von St. Gallen und sein gelehrt poetisches Wirken. Nordhausen : Traugott Bautz, 2003. 103 Seiten. ISBN 3-88309-113-8. — Unter dem Obertitel Ekkehardus poeta wird zunächst ausführ lich über die verschiedenartigen Dichtungen gehandelt, die Ekkehart autograph in seinen ‘Liber benedictionum’ eingetragen hat: die vermischten Gedichte in ‘Benedictiones super lectores per circulum anni’, die Serie der spruchartigen ‘Benedictiones ad mensas’, die Gemäldetituli für Mainz und diejenigen für St. Gallen, seine Übersetzung von Ratperts althochdeutschem Galluslied und verschiedene Gelegenheitsgedichte sowie Epitaphien. Außerhalb dieser Sammlung steht eine Poetik in nuce , nämlich ‘De lege dictamen omandi’, stehen ferner Spottverse auf einen Trinker. Abgerundet wird dieser Teil mit Gedanken über Ekkeharts dichterischen Stil. Ein ganz kurzer zweiter Teil gilt dem Ekkehardus glossator , dies in engem Anschluß an einen Aufsatz von Peter Osterwalder mit diesem Obertitel (in : Variorum muñera florum ..., Sigmaringen 1985, S. 7382). Nützlich ist der anhangsweise beigegebene Überblick über alle Gedichte Ekke harts IV. mit Incipit (bei den ganz kurzen Texten : mit Vollabdruck) und Nachweis der kritischen Edition. Von dem Bibelepos ‘Hypognosticon’ des Laurentius von Durham ist vor kurzem die kritische Erstedition vorgelegt worden (s. ALMA 62, 2004, S. 237). Nun hat die Heraus geberin dieses Textes den Ertrag ihrer interpretatorischen Arbeit daran in einer Mono graphie veröffentlicht : Susanne D aub. Von der Bibel zum Epos. Poetische Strategien des Laurentius am geistlichen Hof von Durham. Köln : Böhlau, 2005. 283 Seiten. ISBN 3-412-14005-8. — Die Bearbeiterin bündelt ihre Beobachtungen nach den Kategorien ‘Makrostrukturen’ und ‘Mikrostrukturen’. Unter dem ersten Gesichtspunkt geht es um die narrative Ordnung : einesteils um ihr Verhältnis zur Auswahl der Stoffe, andemteils um Vor- oder Rückgriffe. Wie es in der Natur der Sache liegt, gibt es an Mikrostrukturen weit mehr zu behandeln. Hauptgesichtspunkte sind hier der « narrative Schmuck » und die « gedankliche Intensivierung des Diskurses ». Unter den Begriff ‘Schmuck’ gestellt werden Ausführungen über Schlachtengemälde, Reden der auftretenden Figuren, Vergleiche mit Tieren, allegorische Bilder — hier : das Lebensschiff und das Gefängnis der Liebe —, sodann nicht-allegorische Beschreibungen, handle es sich um Dinge oder um Personen — hier: der Sara und des häßlichen Menschen —, und schließlich um katalogartige Textstellen. Als gedankliche Intensivierung werden hier gesehen : die Ausdeutung einzelner Erzählsequenzen — hier: Sündenfall, Josephsgeschichte und Amnons Liebe zu Thamar —, sodann die ausführliche Erörterung einzelner Gesichts punkte. Hierunter fallen Exkurse wissenschaftlichen Charakters — etwa : zur Zeugungs fähigkeit alter Menschen — und solche meditativer Art — über das heilige Kreuz und Gottes Güte — und schließlich verschiedene Typen von Apostrophe : intradihegetisch — der Dichter spricht eine Figur der Erzählung an —, extradihegetisch — er spricht den Leser an — oder aber als Anrede seiner selbst oder seiner Muse. Die gewonnenen Einsichten in die handwerklichen Fertigkeiten und die literarischen Verfahren des Dichters werden in Form von Zwischenergebnissen und in einer Gesamtwertung zusam mengefaßt. Wer sich bisher mit der Überlieferungsgeschichte der Werke der Hildegard von Bingen (1098-1179) befaßte, tat dies vorwiegend unter textkritischen Gesichtspunkten und fragte nach Überlieferungen, welche der Autorin besonders nahestehen. Von anderen Hauptgesichtspunkten geleitet ist die folgende Arbeit : Michael E mbach. Die Schriften Hildegards von Bingen. Studien zu ihrer Überlieferung und Rezeption im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. (Erudiri sapientia. Studien zum Mittelalter und zu seiner Rezepti 288 PETER STOTZ onsgeschichte 4). Berlin : Akademie Verlag, 2003. 595 Seiten. ISBN 3-05-003666-4. — Das Hauptziel dieser Trierer Habilitationsschrift ist, die Rezeption und den Wirkungser folg der einzelnen Werke Hildegards über einen längeren Zeitraum hin zu erkunden. In einem ersten Hauptteil werden die Basishandschriften und die Editionen von Hildegards Werken erforscht. Ausgangspunkt ist dabei die Handschrift, die für Jahrhunderte die Grundlage für die Kenntnis von Hildegards Schriften war: der Wiesbadener Riesen codex, und ist der Prozeß von dessen Herstellung im Skriptorium des Klosters Ruperts berg. Nacheinander werden dann die großen Werke bzw. Werkkomplexe untersucht nach Rezeptionsspuren im Mittelalter, nach der handschriftlichen Überlieferung im Einzelnen, nach der jeweiligen Editio princeps u. a. m. An der Spitze stehen die drei großen Visionsbücher : ‘Scivias’, ‘Liber vitae meritorum’ und ‘Liber divinorum operum’. Dann folgt das Epistolarium, einschließlich der ursprünglich darin überlie ferten beiden Viten, ‘Vita Ruperti’ und ‘Vita Disibodi’, sowie der umfangreicheren Brieftraktate, die zum Teil ausgegliedert und als Werke eigener Geltung behandelt wurden. Die beiden Sprachtraktate ‘Lingua ignota’ und ‘Litterae ignotae’ haben eine nur ganz schmale Wirkungsgeschichte. Besondere Probleme werfen die beiden naturkund lich-medizinischen Schriften auf : der ‘Liber simplicis medicinae’ (auch ‘Physica’ genannt, bereits 1533 gedruckt) und der ‘Liber compositae medicinae’ (auch ‘Causae et curae’ genannt, 1903 erstmals ediert). Der zweite, weit weniger umfangreiche Teil der Arbeit betrifft einzelne Rezeptionsweisen und -Zusammenhänge : die Erwähnung Hilde gards in chronistisch-annalistischen Texten, sodann in der Mystik, in Ars moriendiTexten, in Reformschriften und in der Predigtliteratur. Auch pseudepigraphische und polemische Überlieferungen werden erörtert. Schließlich wird Johannes Trithemius (1462-1516) als großer Propagator Hildegards gewürdigt. Zu den Ergebnissen dieser vielschichtigen Studie zählen die folgenden : Der Anteil Hildegards als Autorin an den einzelnen Werkgruppen ist unterschiedlich und die Erarbeitung der Werke gliedert sich in drei Phasen; der Verlust ihres Sekretärs Volmar 1173 bedeutet einen wichtigen Einschnitt. (Der Anteil der verschiedenen Sekretäre an Hildegards Schriften ist noch nicht genügend geklärt.) Die dritte Phase liegt in den Jahrzehnten nach ihrem Tode, als sich eine « produktive Fortschreibung » von Hildegards Werk ereignete. Im 12./13. Jahr hundert waren vor allem ihre visionären Werke beliebt. Erwähnt sei die Zusammenstel lung von Auszügen aus ihrem Werk unter apokalyptischem Blickwinkel durch Gebeno von Eberbach SOCist in seinem ‘Pentachronon’ (um 1220). Teile ihrer visionären Schriften wirkten vielfach in Überlieferungssymbiose mit vergleichbaren Texten anderer Autoren fort. Wichtig war die Überlieferung im monastischen Milieu, namentlich auch bei den Zisterziensern. Die naturkundlichen Werke gelangten erst spät zu nennenswerter Wirkung. Interessant ist der Entstehungsprozeß des ‘Liber compositae medicinae’, in welchen spätere Redaktoren eingegriffen haben. Im 13. und vollends im 14. Jahrhundert kommt es in der Produktion von Hildegard-Handschriften zu einem Einbruch, im 15. Jahrhundert wieder zu einem Aufschwung, der sich damals allerdings noch nicht in gedruckten Ausgaben äußerte. Kurz sei hier von einer Monographie die Rede, welche einem kirchen- und theolo giegeschichtlich wichtigen Legendenkomplex gewidmet ist, nämlich Erzählungen davon, daß eine (Kloster-)Kirche von Christus und den Engeln selber gçweiht worden sei : Matthias M. Tischler. Die Christus- und Engelweihe im Mittelalter. Texte, Bilder und Studien zu einem ekklesiologischen Erzählmotiv. (Erudiri sapientia. Studien zum Mittelalter und zu seiner Rezeptionsgeschichte 5). Berlin: Akademie Verlag, 2005. 244 Seiten, Abb. ISBN 3-05-004075-0. — Ausgehend von der Feststellung, daß die mittelalterlichen Kirchweihlegenden ganz allgemein in der Kirchen- und Theologiege schichte bisher nicht die nötige Aufmerksamkeit gefunden haben, kommt der Verfasser CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 289 auf einen Komplex von Erzählungen zu sprechen, welche die Weihe einem übernatürli chen Eingreifen Christi und seiner Engel zuschreiben. In seiner Untersuchung geht er altkirchlichen Traditionen und Vorstellungen nach, welche diese Legenden vorbereitet und genährt haben dürften. Dann behandelt er die ältesten Weiheerzählungen selber, zunächst solche innerhalb hagiographischer Texte, dann solche in selbständiger Form. Hierauf fragt er nach dem jeweiligen kirchenpolitischen Umfeld dieser Legenden an einem bestimmten Ort. Als prominentes Fallbeispiel dient hier zunächst das Kloster Einsiedeln ; andere Orte folgen. Schließlich wird nach der zeitlichen Staffelung gefragt hinsichtlich einzelner Orte, Motive und Überlieferungsformen. Christus- und Engel weihlegenden insgesamt erscheinen erst nach 1000 ; sie lösen gewissermaßen die Erzäh lungen von Michaelserscheinungen im 879. Jh. ab. Die Anstöße zur Herausbildung solcher Erzählungen liegen weniger im Wettstreit zwischen älteren und jüngeren Klöstern oder in der Bedrückung durch Klostervögte als in dem Bestreben, gegenüber dem Diözesanbischof den « Status der spirituellen wie jurisdiktioneilen Unantast barkeit » zu wahren. Im Mittelteil der Arbeit werden in alphabetischer Folge für zwanzig Orte, von Andechs über Figeac und Saint-Maur-des-Fosses bis Westminster, die einschlägigen Texte — fast durchweg sind es lateinische — gedruckt. Ihre Textform beruht auf älteren Ausgaben, die jedoch vielfach auf Grund der handschriftlichen Über lieferung revidiert worden sind. Im dritten Teil wird die bildliche Überlieferung behan delt für die Engelweihe der Bartholomäuspassion sowie für die Christus- und Engel weihe von St-Denis und von Einsiedeln. Wenigstens ganz knapp sei hingewiesen auf eine Arbeit geistesgeschichtlicher Ausrichtung, welche das Zeitverständnis in drei hochmittelalterlichen Weltchroniken zum Gegenstand hat : Fabian S chwarzbauer. Geschichtszeit. Über Zeitvorstellungen in den Universalchroniken Frutolfs von Michelsberg, Honorius’ Augustodunensis und Ottos von Freising. (Orbis mediaevalis , Vorstellungswelten des Mittelalters 6). Berlin : Akademie Verlag, 2005. 305 Seiten. ISBN 3-05-004112-9. — Der Arbeit, die auf eine historische Dissertation der Universität Hamburg von 2002 zurückgeht, ist zum Ziel gesetzt, «die allgemeinen Züge der Geschichtszeit in diesen Weltchroniken als Geschichtszeit des hochmittelalterlichen Weltchronisten auszuweisen und deren spezifi sche Ausformungen abzugrenzen ». An dieser Stelle ist eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zu erwähnen : Peter vo n Moos. ‘Öffentlich’ und ‘privat’ im Mittelalter. Zu einem Problem historischer Begriffsbildung. (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 33). Heidelberg : Winter, 2004. 107 Seiten. ISBN 3-82531668-8. — Die höchst vielschichtig geführte Erörterung kann hier nicht in wenigen Worten resümiert werden. Ausgangspunkt ist ein « forschungspraktisches Problem », nämlich der Umstand, daß in der neueren deutschsprachigen Mediävistik berechtigte Hemmungen bestehen, die deutschen Begriffe ‘öffentlich’ und ‘privat’ auf mittelalter liche Verhältnisse anzuwenden. Der Verfasser der Studie geht dem Problem dadurch auf den Grund, daß er das zweipolige Begriffsfeld zeit- und sprachenübergreifend ausleuchtet. Dabei geht es zunächst um das Begriffspaar publicus / privatus und dessen Entsprechungen im Italienischen, Französischen und Englischen, mit Beizug auch von Srjpômoç und iôuüTr|ç. Herausgearbeitet wird so der Unterschied zwischen einem alteuropäischen Gemeinschaftsbegriff, der sich mit Ausdrücken wie res publica oder ‘Gemeinnutz’ verbindet — dies in dem (politisch-sozialen) Spannungsfeld zwischen « universell » und « partikulär » —, einerseits, und einem im Deutschen geltenden Begriff von ‘öffentlich’ in dem (medialen) Sinne von ‘offen zutagetretend, manifest’ (im älteren Deutsch offenlich): einem Begriff, der als Substantiv ‘Öffentlichkeit’ mit der Aufklärung normative Züge angenommen hat. Im Zuge einer ausgreifenden Analyse 290 PETER STOTZ werden auch die Bedeutungsentwicklungen von publicus im Mittelalter verfolgt — etwa publicus ~ ‘herrschaftlich’, publicare ‘konfiszieren’ — und werden gesellschaftstheore tische Konzepte einzelner Denker von der Patristik bis zur Moderne berührt. Mit etwas Verspätung sei an dieser Stelle ein Aufsatz textkriti sch-interpretatorischen Charakters erwähnt, der eine Dichtung aus der Zeit um 8 0 0 ( V u l f . Marc. II) betrifft: Thomas G ä r t n e r . Kritisch-Exegetisches zur Marcellus-Vita des Vulfinus von Die (MGH poet. lat. IV 3 p. 9 6 3 -9 7 6 Strecker). (Eranos 9 9 , 2 0 0 1 , 1 8 -2 7 ). Der Bearbeiter sucht durch Umstellungen eine größere Zahl krasser Prosodiefehler auszumerzen, dies mit Rücksicht darauf, daß im einzigen Textzeugen, einer Bologneser Handschrift aus der frühen Neuzeit, manche Lücken klaffen und vielleicht in Vorgängerfassungen am Rande stehende Wörter falsch eingesetzt worden sind. Auf den Zeitpunkt der Beendigung seiner akademischen Lehrtätigkeit an der Univer sität Heidelberg ist von Walter Berschin ein Sam m elband erschienen, der nicht weniger als 38 kleinere A rbeiten vereinigt: Walter Berschin. Mittellateinische Studien. Heidelberg : Mattes Verlag, 2005. XII, 456 Seiten, 31 Abb. ISBN 3-930978-75X. — Die meisten dieser Arbeiten sind — an ganz unterschiedlichen Orten — bereits früher erschienen, wurden für diesen Wiederabdruck jedoch formal, teilweise auch inhaltlich bearbeitet. Leitender Gesichtspunkt bei der Auswahl war, ob die jeweilige Arbeit inhaltlich oder methodisch etwas Neues bringt. Immerhin wurden fünf Arbeiten mit Überblickscharakter mit abgedruckt : diejenigen über Dinamius Patricius von Marseille (s. ALMA 59, 2001, S. 287), über die Ost-West-Gesandtschaften am Hof Karls des Großen und Ludwigs des Frommen, über die Schule der Reichenau, über Hildegund von Schönau und schließlich diejenige über Homer im Reich Friedrichs II. Durchweg ist das chronologische Prinzip gewahrt. Insgesamt neun Arbeiten betreffend die Zeit bis 800. Hervorgehoben seien aus dieser Gruppe die kurze, bisher unveröffent lichte Studie : « Possidius, Vita Sancii Augustini. Eine patristische Biographie mit klas sischem Hintergrund » (S. 1-7), sodann die Arbeiten über «die älteste erreichbare Text gestalt der Passio Sanctae Afrae » (BHL 107b ; mit Edition und Übersetzung), über « Gallus abbas vindicatus» und « Columban und Gallus in Bregenz » sowie über die zweite Prosavita des hl. Cuthbert, verfaßt von Beda. Neben diesen Arbeiten aus dem biographisch-hagiographischen Bereich stehen andere aus einem ändern großen Forschungsgebiet Berschins, der Vermittlung des Griechischen im Westen : so zunächst die Studie über Griechisches in der Domschule von Verona, dann diejenige über den Übersetzer Bonifatius Consiliarius (s. ALMA 50, 1991, S. 149). — Elf Arbeiten beschlagen Themen aus der Karolingerzeit, darunter solche über bestimmte Hand schriften und Texte, so zur Lokalisierung und Datierung der althochdeutschen Bene diktregel (s. ALMA 62, 2004, S. 254), zum St. Galler Klosterplan als Literaturdenkmal (s. ALMA 60, 2002, S. 276) sowie zur Überlieferungsgeschichte der Werke des Notker Balbulus (die deutschsprachige Version des entsprechenden Beitrags in : La trasmissione dei testi latini del medioevo ... TE TRA 1, Firenze 2004) und über « neun Psalteria quadrupartita Salomons III. von Konstanz » (neu darin, als Appendix : Edition, Überset zung und Besprechung des Gedichts Nongentis p a ritérque novem labentibus annis ¡¡Schalter / Könsgen 10539]). Die Kodikologie betrifft Berschins Inventar von 28 Hand schriften im Diptychonformat. Hervorgehoben sei der erstmals publizierte Aufsatz « Vier karolingische Exlibris » (S. 169-178). Die griechische Sprache betrifft der Aufsatz über « Griechisches in der Klosterschule des alten St. Gallen ». Hinzu kommen Studien zu einzelnen Inschriften, so zu den Tituli der Wandbilder von Reichenau-Oberzell (s. ALMA 54, 1996, S. 265). — Fünf Arbeiten betreffen die ottonische Kultur. Mit Berschins Hrotsvit-Ausgabe (s. ALMA 59, 2001, S. 273) hängt eine Studie über « Tradi tion und Neubeginn » bei dieser Dichterin zusammen (die deutschsprachige Version des CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 291 in Poesía latina m e d i e v a l Firenze 2005, in spanischer Sprache erschienenen Beitrags), mit dem hagiographischen Forschungsschwerpunkt zwei neue Studien über die Viten Ulrichs von Augsburg : « Realistic writing in the tenth century : Gerhard of Augsburg’s Vita (I) S. Uodalrici (A.D. 982-993) (S. 249-254) sowie: « Gebehardus episcopus Augustensis, Vita (II) S. Uodalrici (BHLS nr. 8361)» (S. 255-266) : Letzteres im Wesentli chen eine Neuedition dieser fragmentarischen Vita mit einer Übersetzung. Zu nennen ist außerdem eine biographische Studie über Bischof Erkanbald von Straßburg (965-991). — Acht Beiträge sind Themen aus dem Hochmittelalter gewidmet. Zu dem Forschungs gebiet « Griechisches im Westen » gehören ein Aufsatz über die Übersetzer des 11. Jahr hunderts in Amalfi (mit einer Edition des ‘Obitus s. Nikolay’, übersetzt von Iohannes monachus Amalfitanus, BHL 6156h) und eine Studie über den «byzantinisch-liturgi schen Hintergrund » salemitanischer Übersetzungen aus der Zeit um 1100. Genannt seien ferner die Arbeiten über die Reaktion auf den Tod Gregors VII. nach fünf oberita lienischen Streitschriften, über einen Text von Rupert von Deutz zu Johannes dem Täufer sowie ein bisher unveröffentlichter Vortrag über die Gedichte Hildegards von Bingen (S. 339-346). — Die verbleibenden fünf Arbeiten betreffen die Zeit vom Spät mittelalter bis zum 20. Jahrhundert. Dazu gehören Beiträge über Sueton und Plutarch im 14. Jahrhundert, über Rudolf Agrícolas Biographie Petrarcas, sodann über « Neulateini sche Utopien im Alten Reich (1555-1741) ». Themen der Forschungsgeschichte beschlagen die hier erstmals veröffentlichte Studie « Fachmann (1*1851) und der Archetyp » (S. 389-394) und diejenige über « Bücher des Jahres 1948». — Der Band wird durch mehrere Register erschlossen — eines betrifft « Wörter, Junkturen, Zeichen » — und enthält außerdem die vollständige Bibliographie der Arbeiten Berschins. Nun sei der Blick auf zwei Festschriften gelenkt : Zu seinem 65. Geburtstag haben Kollegen, Freunde und Schüler dem Zürcher Histo riker Ludwig Schmugge eine umfangreiche Festschrift überreicht, in welcher die drei Felder, auf denen der Jubilar in letzter Zeit hauptsächlich geforscht hat, durch ganz unterschiedliche, doch zusammen einen Eindruck von Homogeneität erweckende Beiträge vertreten sind : Päpste, Pilger, Pönitentiarie. Festschrift für Ludwig Schmugge zum 65. Geburtstag. Herausgegeben von Andreas M eyer, Constanze Rendtel und Maria W ittmer-B utsch. Tübingen: Max Niemeyer, 2004. XIV, 582, Abb. ISBN 3-484-801670. — Im Folgenden seien diejenigen Beiträge genannt, in denen es vorwiegend um Text liches geht, zunächst zum Bereich « Päpste » : Peter Landau. Fälschungen zum Begriff des Benefiziums und der Simonie im Decretum Gratiani. Ein Beitrag zur Entstehungs geschichte des kirchlichen Benefiziums im kanonischen Recht und zu Papst Alex ander II. (S. 3-13). — Patrick H ersperger. Die Dekretale Ecclesia vestra nuper von Honorius III. in der Rezeption verschiedener Werke der klassischen Kanonistik (S. 3148). — Bernhard S chimmelpfennig. Der Ablaßtraktat des Genueser Arztes Galvanus de Levanto (S. 73-82). [Mit Textauszügen.] — Ottavio Clavuot. Ve rus Christi vicarius. Programmatik der Darstellung Papst Eugens IV. in Biondos Schriften und an Filaretes Portal von St. Peter (S. 83-107, 5 Abb.). — Arnold Esch. A us dem Alltag eines Ablaß kollektors. Eine Reise durch Deutschland, die Niederlande und Österreich anhand der Buchführung 1470-1472 (S. 109-134, 2 Abb.). — Knut Schulz. Was ist deutsch ? Zum Selbstverständnis deutscher Bruderschaften im Rom der Renaissance (S. 135-179, 1 Abb., 3 Karten). [Enthält ein lateinisches Gutachten über die Voraussetzungen für die Aufnahme in die deutsche Schuhmacherbruderschaft in Rom v. J. 1633 mit paralleler deutscher Übersetzung.] — Mit dem Thema « Pilger » befassen sich : Maria W ittmerB utsch und Martin Gabathuler. Karl der Große und Zürich. Zur Gründungsphase des « Großmünsters » (S. 211-224). [Mit Analyse von Textstellen aus dem sogenannten Zürcher Rotulus.] — Michele C. Ferrari. Inquisitione diligenti et fideli. Beglaubi- 292 PETER STOTZ gungsstrategien und hagiologische Recherchen im Mittelalter (S. 225-236). [Unter anderem geht es um den Bericht eines gewissen Godefridus über seine Recherchen (v. J. 1256) zur Identität von in Clairvaux verehrten Heiligen ; dieser Text wird anhangsweise ediert.] — Martina W ehrli-Johns / Peter S totz. Der Traktat des Dominikaners Albert von Weißenstein über das Salve regina (gedruckt : Zürich um 1479/1480) (S. 283-313). [Mit Edition und Übersetzung dieses Textes im Paralleldruck.] — Dem Forschungs schwerpunkt « Pönitentiarie » sind zugeordnet : Andreas M eyer. Quellen zur Geschichte der päpstlichen Pönitentiarie aus Luccheser Imbreviaturen des 13. Jahrhunderts (S. 317351). [Mit Edition von 13 Urkunden und Briefen.] — Jürgen M iethke. Die Eheaffäre der Margarete «Maultasch», Gräfin von Tirol (1341/1342). Ein Beispiel hochadliger Fami lienpolitik im Spätmittelalter (S. 353-391). [Unter anderm geht es um vier lateinische Traktate in einer heute in Bremen liegenden Sammelhandschrift aus der Zeit kurz nach 1356.] — Michael Haren. Montaillou and Drogheda. A medieval twinning (S. 435-456). [Anhangsweise ist Sermo 40 der Predigtsammlung von Erzbischof Richard FitzRalph von Armagh (Mitte 14. Jh.) ediert.] — Wolfgang P. M üller. The price of papal pardon. New fifteenth-century evidence (S. 457-481). [Mit Edition einer Taxordnung von 1431.] — Daniel Rutz. Incipit formularius, quo utebantur minores penitenciara sacri concilii Basiliensis (S. 483-498). [Mit Edition.] — Paolo O stinelli. L’offerta della grazia. Dispense e assoluzioni concesse da vescovi e invitati pontifici in Lombardia nel XV secolo (S. 531-549). [Mit Edition von acht Schreiben betreffend Ehedispense v. J. 1478.] — Hinzu kommen zahlreiche weitere Arbeiten kultur- und sozialgeschichtlichen, personen-, familien- und institutionengeschichtlichen sowie quellenkundlichen Charak ters. Die Festschrift enthält zudem das Schriftenverzeichnis des Geehrten. Mit Heinrich Tiefenbach hat vor kurzem ein Altgermanist seinen sechzigsten Geburtstag gefeiert, der in seinen Forschungen immer wieder deutlich gemacht hat, wie eng verzahnt Latein und Deutsch im frühen und hohen Mittelalter sind. (Am bekannte sten sind den Mittellateinem wohl seine « Studien zu Wörtern volkssprachiger Herkunft in karolingischen Königsurkunden» von 1973 (zu D ipl. Loth. I./ D ipl. Loth. IL, s. ALMA 40, S. 150f.). Dies spiegelt sich denn auch in der ihm zu Ehren veranstalteten Festschrift : Entstehung des Deutschen. Festschrift für Heinrich Tiefenbach. Herausge geben von Albrecht Greule, Eckhard M eineke, Christiane T him-M abrey. (Jenaer germa nistische Forschungen, Neue Folge 17). Heidelberg : Winter, 2004. 563 Seiten, Abb. ISBN 3-8253-1593-2. — Im Folgenden werden diejenigen Beiträge genannt, in welchen Lateinisches als Ausgangspunkt oder Gegenposition in Erscheinung tritt : Rolf B erg mann. Das Sachglossar im Clm 13090 (S. 9-29). [Betrifft. Gloss. III S. 388f. St.-S.] — Helge Eilers. Die Satzsyntax der althochdeutschen Isidorübersetzung im Vergleich zur lateinischen Vorlage (S. 65-86). — Evelyn Scherabon Firchow and Richard Louis H otchkiss. Notker Labeo’s œuvre : The description of a long-time project (S. 87-118). — Elvira Glaser und Andreas N ievergelt. Althochdeutsche Griffelglossen : Forschungsstand und Neufunde (S. 119-132). — Emst H ellgardt. Die Praefatio in librum antiquum lingua Saxonica conscriptum, die Versus de poeta et interprete huius codicis und die altsächsische Bibelepik (S. 173-230). [Enthält unter anderm : einen diplomatischen Abdruck dieser beiden lateinischen Texte nach alten Drucken nebst ihrer Übersetzung und ihre Untersuchung auf Similien, auf Prosarhythmus bzw. Verstechnik sowie deren inhaltliche Erörterung. Anhangsweise werden ältere Editionen der Praefatio wiedergegeben und werden Testimonien des 16. Jahrhunderts für die beiden Texte beige bracht. Es folgt ein Katalog von Similien sowie eine Aufstellung über den Cursus im Prosatext. Den Abschluß macht eine ausführliche Forschungsbibliographie.] — Patrizia Lendinara. Old High German niunouga ‘lamprey’ and the glosses in a manuscript of the Quid suum virtutis (S. 271-286). [Betrifft die moralisierende Lehrdichtung Quid suum CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 293 virtutis aus dem 11. Jahrhundert, ed. Anke Paravicini, Heidelberg 1980 ; NGML : Theod. S. Trud.(?) quid virt.] — Achim M asser. Der Glossator der lateinisch-althochdeutschen Benediktinerregel (S. 287-302). — Claudine M oulin. Work in progress. Zu einem Würz burger Bibelglossar (Würzburg, UB. M. p. th. f. 3) (S. 303-354). [Mit Edition und Kommentar.] — Ingo Reiffenstein. Hallein — salina nostra. Zur Semantik des Dimi nutivs (S. 367-381). — Jörg R iecke. Texttraditionen frühmittelalterlicher Fachprosa (S. 383-394). [Betrifft das ‘Sommale Danielis’ (vgl. ALMA 46/47, 1986/87, S. 154f.) : einerseits volkssprachliche Fortführungen der Traumbuch-Tradition, andererseits althochdeutsche Glossen zum lateinischen Text ; ferner die Anamnese Notkers des Deut schen.] — Hans Ulrich Schmid. Die Pariser Tatian-Zitate — Edition, Analysen, Überle gungen (S. 395-425). — Ruth S chmidt-W iegand. Der sermo rusticus und die Lex Salica (S. 427-432). — Franz S immler. Methodische Grundlagen zur Ermittlung von Gesamt satzstrukturen, ihrer Teilsatzanzahl und ihren Abhängigkeitsbeziehungen in der latei nisch-althochdeutschen Tatianbilingue (S. 433-470). — Stefanie S tricker. Die althoch deutsche Glossierung von Priscian: Institutio de arte grammatica. Merkmale einer Sachtextglossierung im 9. Jahrhundert (S. 471-490). — Petrus W. Tax. Die Glosa Psalmorum ex traditione seniorum — eine weitere exegetische Quelle für Notkers Psalter ? Eine wahrscheinliche neue Nebenquelle und ihre Problematik (S. 491-501). [Zu der aus dem frühen 7. Jahrhundert und wohl aus der Provence stammenden Glosa psalmorum vgl. ALMA 51, 1992/93, S. 211 und 53, 1995, S. 213.] — Lothar V oetz. Zur Rekon struktion der lateinischen Vorlage der ‘St. Pauler Interlinearversion zu Lc 1, 64-2, 51’ (sogenannte St. Pauler Lukasglossen) (S. 503-513). — Den Abschluß des Bandes bildet die Bibliographie des Jubilars. Wie immer an dieser Stelle ein Blick auf die neuesten Bände und Faszikel der einschlägigen Z eitschriften. Begonnen sei wie üblich mit dem ‘Mittellateinischen Jahrbuch’, und zwar Band 39 (2004), Heft 2 ; daraus sind hier zu erwähnen : Christiane Grossmann. Pietas est dei notio — eine Untersuchung zu Lact. Inst. V 14, llf. (S. 171-181). — Gerlinde B retzigheimer. Der Herkules-Mythos als Gefäßdekor : eine ‘descriptio’ des Theodulf von Orleans (S. 183-205). [Betrifft T heodulf. carm. 28 (Contra indices) Vs. 177-210.] — Armando B isanti. Appunti sulla fortuna mediolatina e romanza dei ‘Novi Aviani’ (S. 207-218). — Der Band wird ergänzt durch Arbeiten über «Manetti und Ficino über die Schönheit der Welt » (Clemens Zintzen) und über sprichwörtliche Lehren in Wolf rams von Eschenbach ‘Parzival’ (Wolfgang M ieder). Eine Forschungsmitteilung (Clara W ille) betrifft den Kommentar des Pseudo-Alanus zu den ‘Prophetie Merlini’. — An der Spitze des Heftes stehen Worte des Gedenkens an I Deug-Su (1938-2004), einen Mittellateiner koreanischer Abstammung, der in Italien (und Deutschland) wirkte, von Seiten seines einstigen Lehrers, Claudio Leonardi. In Band 39, Heft 3 beschlagen im engeren Sinn unser Interessengebiet : David R. Carlson. The invention of the Anglo-Latin public poetry (circa 1367-1402) and its prosody, especially in John Gower (S. 389-406). — Christiane N eerfeld / Anja W olken hauer. Pietro Dolfin di Giorgio: ein venezianischer Humanist und seine Bibliothek (S. 407-440). [Mit kommentierter Edition des Inventars der Bücher aus seinem Nachlaß.] — Weitere, gewichtige Beiträge betreffen die « Fama in antiker und mittelal terlicher Sprache und Literatur» (Werner W underlich) sowie das Thema « Dogmati scher oder emergenter Dialog ? Überlegungen zur Konzeptualisierung theologischer und philosophischer Erkenntnis im Hochmittelalter » (Wolfram D rews). Heft 1 von Band 40 (2005) enthält die Beiträge : Thomas Gärtner. Die Bucheinteilung als künstlerisches Gliederungsprinzip lateinischer Erzähldichtung in Antike und Mittel alter (S. 3-33). — William S ayers. The etymology of Late Latin malina ‘spring tide’ and 294 PETER STOTZ ledo ‘neap tide’ (S. 35-43). — Florian S chaffenrath. Eugippius und sein Leser. Zur Funk tion dreier Figuren im Brief des Eugippius an Paschasius am Beginn seiner ‘Vita sancti Severini’ (S. 45-51). — Sam Barrett. The rhythmical songs of Paulinus of Aquileia (S. 53-73). [Betrifft : Secondary reports / primary sources / musico-poetic analysis / trans mission.] — Martha B ayless. Simulation and dissimulation in the snow child sequence (‘Modus Liebinc’) (S. 75-83). [Betrifft C arm. Cantabr. 14.] — Armando B isanti. Il fior del giglio nella tradizione poetica latina e medievale (note ad Alessandro Neckam, Suppl. defect. 1, 331-346) (S. 85-95). — Benedikt Konrad V ollmann. Das ‘Metrum Leonis’ des Leo von Vercelli. Anmerkungen zu einer Neuedition (S. 101-108). [Bericht zur For schung, anschließend an: Leone di Vercelli, Metrum Leonis ..., Edizione critica a cura di Roberto G amberini, Firenze 2002 ; mit einer deutschen Übersetzung der Fragmente.] — Eine Forschungsmitteilung betrifft den Inkunabelkatalog der Bayerischen Staatsbiblio thek im Internet (BSB-Ink online ; Bettina Wagner). — Am Eingang des Heftes steht ein Nachruf auf Bengt Löfstedt (1931-2004), verfaßt von Franz B runhölzl. Aus Heft 2 des 40. Bandes seien folgende Beiträge herausgegriffen : Klaus B itter ling. Physiologus und Bestiarien im englischen Mittelalter (S. 153-170, mit 19 Abb.). — Udo Kühne. Die Lehre vom Predigtaufbau in frühen Artes praedicandi (S. 171-190). — Kurt S chneider. Adamnan als Stilist (S. 191-195). — Carsten W ollin. Die Lebenswelt der mittelalterlichen Intellektuellen im Spiegel der lateinischen Epigrammatik (S. 225261). — Tobias Leuker. Sparsa anime fragmenta recolligere — Ciceros Beitrag zu Petrarcas Bild (S. 263-266) (S. 263-266). — Konrad B und. Die Rezeption Hildegards von Bingen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit (S. 267-271). [Bericht, der sich auseinandersetzt mit: Michael Embach, Die Schriften Hildegards von Bingen ..., Berlin 2003 (siehe oben Seite 287).]. — Weitere Beiträge tragen die Titel «Buchreligionen als Reichsreligionen? Lokale Grenzen überregionaler religiöser Kommunikation» (Jörg R üpke) und : « Der klügste Bischof der Christenheit oder nur der Bischof von lesi ? Der anonyme ‘Ritmo laurenziano’ und die europäische Vagantendichtung (Frank-Rutger Hausmann). Dazu kommt ein Bericht über eine Bibliographie zu Nikodemus Frischlin (1547-1590 ; Robert Seidel) sowie eine Mitteilung über die Fortschritte des ‘Mittellatei nischen Wörterbuches’ (Marie-Luise W eber). Aus Band 117 (2004) der ‘W iener S tu d ien ’ ist hier zu nennen : D. Thomas B enediktson. Ut balatus ouis sic est rugiré leonis . Medieval composition and modem editing (S. 225-232). [Es geht um das Tierstimmengedicht mit diesem Incipit, welches in insge samt zehn Handschriften in zwei verschiedenen Fassungen überliefert ist, die hier ediert werden. Anhangsweise wird ein Überblick über insgesamt neun dichterische Texte gegeben, die auf dem Tierstimmenkatalog von Pseudo-Sueton beruhen.] Im 60. Jahrgang (2004) des ‘D eutschen A rchivs für E rforschung des M ittel a lte rs’ sind folgende Beiträge textlich-sprachlich ergiebig: Herbert S chneider. Ein unbekannter Ordo ad principem consecrandum aus dem süditalienischen Normannen reich (S. 53-95). [Wohl aus der Mitte des 11. Jahrhunderts. — Mit Edition.] — Amo M entzel-R euters. Literaturbericht Handschriftenkataloge (S. 201-231). [Fortsetzung des in ALMA 60, 2002, S. 287 erwähnten Berichtes.] — Hartmut H offmann. Die Trans la tio n s et Miracula s. Mennatis des Leo Marsicanus (S. 441-481). [Es geht um zwei unterschiedliche Translationen dieses unbekannten Heiligen (1094 und wohl 1102/07). Mit Edition der Translationes I (BHL 5927a) / II (BHL 5928) und der Miracula (BHL 5929).] — Nikolas Jaspert. Zwei unbekannte Hilfsersuchen des Patriarchen Eraclius vor dem Fall Jerusalems (1187) (S. 483-516). [Mit Edition.] — Gabriela S ignori. Hochmit telalterliche Memorialpraktiken in spätmittelalterlichen Reformklöstem (S. 517-547). [Es handelt sich um den Gebrauch von Totenrotuli ; mit Abdruck einiger dichterischer und prosaischer Einträge.] CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS 295 Aus dem 37. Band (2003) der ‘Frühm ittelalterlichen S tudien’ seien herausge griffen : Bruno Reudenbach. Bild — Schrift — Ton. Bildfunktionen und Kommunikati onsformen im ‘Speculum virginum’ (S. 25-45 ; Abb. 1-11). — Bernd Roling. Das M oderancia- Konzept des Johannes de Hauvilla. Zur Grundlegung einer neuen Ethik laikaler Lebensbewältigung im 12. Jahrhundert (S. 167-258). — Christoph Friedrich W eber. Schriftstücke in der symbolischen Kommunikation zwischen Bischof Johann von Venningen (1458-1478) und der Stadt Basel (S. 355-383 ; Abb. 38). Innerhalb von Band 31/1 (2004) der Zeitschrift ‘Francia, Forschungen zur westeu ropäischen Geschichte’ sind sprachlich-textlich von besonderem Interesse : Hans H ummer. The identity of Ludouicus piissimus Augustus in the Prœfatio in librum antiquum lingua Saxonica conscriptum (S. 1-14). — Mireille C hazan. Les vies latines de saint Clément, premier évêque de Metz (S. 15-43). — Pascale B ourgain. Le poème sur Clovis attribué à saint Remi (S. 141-149). [inc. Dives opum, virtute potens clarusque triumpho (vgl. den Aufsatz von F. S taab, erwähnt ALMA 60, 2002, S. 284) : mit Edition und Übersetzung.] — Thierry Lesieur. Les gloses du manuscrit Clm 14137 : Othlon et la pensée dionysienne (S. 151-163). Universität Zürich Peter Stotz CRONACA DEGLI AVVENIMENTI ITALIANI : 2004-2005 Tra i convegni e le iniziative culturali che hanno avuto luogo in Italia negli ultimi mesi del 2004 e lungo il corso del 2005 sono da ricordare : Arezzo (23-25 settembre 2004) : Alberti e la tradizione. Per uno « smontaggio » dei «m osaici» albertiani. Convegno intemazionale di studi organizzato dal Comitato Nazionale per il VI centenario della nascita di Leon Battista Alberti insieme con il Centro di studi sul Classicismo e la Fondazione Aretina di studi sul Classicismo di Arezzo. San Miniato (Pisa) (8-10 ottobre 2004) : La morte e i suoi riti in Italia tra Medioevo e prim a Età moderna. X Convegno intemazionale di studi della Fondazione Centro studi sulla civiltà del Tardo medioevo di San Miniato. Tolentino (Macerata) (27-29 ottobre 2004) : Santità e società civile nel medioevo. Esperienze storiche della santità agostiniana. Convegno intemazionale di studio orga nizzato dal Comitato nazionale per la celebrazione del VII centenario della morte di San Nicola da Tolentino (1305-2005) in collaborazione con la SISMEL. Salerno (3-5 novembre 2004) : La Scuola medica salernitana. Gli autori e i testi. Convegno intemazionale organizzato dall’Università degli Studi di Salerno in collabora zione con l’École pratique des Hautes Études - IVe section, l’Université de Lausanne, la SISMEL e Micrologus, Natura, Scienza e Società medievali. Perugia (1-2 dicembre 2004) : Gregorio Magno e Veresia tra memoria e testimo nianza. Convegno nazionale organizzato dal Dipartimento di studi paleocristiani tardoantichi e medievali dell’Università degli Studi di Perugia e dal Dipartimento di Studi storici dal Medioevo all’età contemporanea dell’Università degli Studi di Lecce con il patrocinio del Comitato Nazionale per le celebrazioni del XIV centenario della morte di Gregorio Magno. Roma (2-4 dicembre 2004) : Petrarca e Roma. Convegno di studi organizzato dall’Associazione Roma nel Rinascimento.